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Mindestlöhne: Linkspartei stellt SPD auf die Probe

Die Linksfraktion bringt am Freitag einen Antrag zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne in den Bundestag ein. Es handelt sich dabei um ein SPD-Papier, das sie Bürgern bei einer Unterschriftenaktion vorgelegt hatte.

Berlin - Die Linke sei gespannt auf das Abstimmungsverhalten der SPD, sagte Fraktionschef Oskar Lafontaine. Stimme diese dem Antrag nicht zu, dessen Text sie den Bürgern für eine eigene Unterschriftenaktion vorgelegt habe, gebe sie ihre Politik der Lächerlichkeit preis. Bisher lehnten die Sozialdemokraten Anträge der Linken zur Einführung gesetzlicher Mindestlöhne ab.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will die Beratungen in den Arbeitsgruppen über die Neuordnung des Niedriglohnsektors in dieser Woche abschließen. Weiter offene Fragen sollen vom Kabinett oder von den Koalitionsspitzen geklärt werden. Die große Koalition streitet seit Wochen über dieses Thema, eine Einigung ist nicht absehbar. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, sagte, im Bundestag gebe es eine Mehrheit für Mindestlöhne. Die SPD müsse nur ein Signal setzen und ihren Text mit Hilfe anderer Fraktionen gegen die Union durchsetzen.

Lafontaine und sein Amtskollege Gregor Gysi gehörten Ende März zu den Erstunterzeichnern des SPD-Aufrufs. Am Freitag wird der Antrag in erster Lesung behandelt. Die Linksfraktion will aber beantragen, den Bundestag noch am selben Tag darüber entscheiden zu lassen.

Linke strebt Mindestlohn von acht Euro an

Lafontaine erklärte, Deutschland sei einer der wenigen Staaten in Europa, in dem in verantwortungsloser Weise noch keine Mindestlöhne gälten. Es verstoße gegen die Menschenwürde, wenn Männer und Frauen täglich zur Arbeit gingen, ihr Lohn aber für den Lebensunterhalt nicht ausreiche. In dem Antrag heißt es: Mehr als 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte arbeiten in Deutschland für Armutslöhne, die weniger als 50 Prozent des Durchschnittslohns betragen. Die Linksfraktion strebt einen Mindestlohn von acht Euro pro Stunde an.

Der CDU-Arbeitnehmerflügel sieht in der Auseinandersetzung mit der SPD die Chancen auf eine Einigung schwinden. "Ich werde zunehmend skeptisch", sagte der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der Unionsfraktion, Gerald Weiß (CDU). Die SPD entferne sich mit ihrer Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen immer mehr vom Vorrang der Tarifparteien. Für denkbar halte er eine Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen.

Fördern Mindestlöhne die Schattenwirtschaft?

Die Eisenbahnergewerkschaft Transnet forderte, alle Tarifverträge zu kündigen, die unter der Mindestlohn-Grenze von 7,50 Euro liegen. "Unter 7,50 Euro pro Stunde haben wir es mit Armutslöhnen zu tun", sagte der für Tariffragen zuständige Transnet-Vorstand Alexander Kirchner der "Leipziger Volkszeitung". In fast jedem EU-Land gebe es solche Vereinbarungen. "Mit 7,50 Euro läge Deutschland eher im unteren oder mittleren Bereich."

Der Schattenwirtschaftsexperte an der Johannes Kepler Universität Linz (Österreich), Friedrich Schneider, sowie Dominik Enste vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln), warnten vor der Einführung eines Mindestlohnes von 7,50 Euro. Dies beflügele allein die Schattenwirtschaft: Nach ihren Schätzungen um bis zu 25 Milliarden Euro oder sieben Prozent.

Der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Kajo Wasserhövel (SPD), drängte auf eine rasche Entscheidung. Die Koalition dürfe sich nicht "in Geplänkel verlieren", sagte er der in Essen erscheinenden "Neuen Rhein/Neuen Ruhr Zeitung" vor der Sitzung der Koalitionsarbeitsgruppe an diesem Mittwoch. "Branchenlösungen über das Entsendegesetz und dann gesetzlicher Mindestlohn" seien jetzt erforderlich. Ohne staatliches Eingreifen würden Arbeitgeber die Tariflöhne großflächig unterlaufen. (tso/dpa)

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