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Mindestlohn: Koalition kann sich nicht mehr auf 7,30 Euro einigen

Mit ihrer Absage an zwei Reformvorhaben der großen Koalition hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharfe Kritik bei der SPD provoziert.

Berlin - „Frau Merkel hat vor dem marktradikalen Teil ihrer Partei kapituliert. Das ist ein Armutszeugnis erster Ordnung“, sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion, Andrea Nahles, dem Tagesspiegel.

Die Kanzlerin hatte am Dienstag in der Sitzung der Unionsbundestagsfraktion die Einigung mit der SPD bei zwei zentralen Streitthemen für diese Legislaturperiode ausgeschlossen. Die Neuorganisation der Jobcenter werde vor den Bundestagswahlen im September ebenso wenig entschieden wie die Einführung einer Lohnuntergrenze in der Zeitarbeitsbranche. Damit wies Merkel auch Forderungen von SPD-Chef Franz Müntefering zurück, der erneut eine Lösung bei diesen Themen angemahnt hatte.

Nahles widersprach Merkels Argument, Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) habe sich mit seinen Lösungsvorschlägen für eine Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit nicht an die Koalitionsabsprachen gehalten. „Der Arbeitsminister hat die Verabredungen mit der Union eins zu eins umgesetzt. Es ist beschämend, dass CDU und CSU sich nun einem Mindestlohn für die 700 000 Leiharbeiter verweigern“, sagte die SPD-Politikerin. Scholz hatte Ende März seinen „sechsten und letzten“ Entwurf für eine Lohnuntergrenze vorgelegt, der einen Mindestlohn von knapp über 7,30 Euro pro Stunde im Westen vorsah.

Die Neuorganisation der Jobcenter, die für die Betreuung von Hartz-IV-Empfängern zuständig sind, will die Union erst in der nächsten Legislaturperiode angehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende 2007 entschieden, dass die bisherige Mischverwaltung von Kommunen und Bundesagentur für Arbeit unzulässig ist. Eine Grundgesetzänderung, auf die sich Arbeitsminister Scholz nach monatelangen Verhandlungen mit den Unions- und SPD-Ministerpräsidenten der Länder verständigt hatte, scheiterte überraschend am Widerstand der Unionsbundestagsfraktion. Bis Ende 2010 muss die Politik nach den Vorgaben der Verfassungsrichter eine neue Regelung gefunden haben. 

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