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Geburtenprämie oder Familienunterstützung? In der Union gibt es Streit darüber, wozu das Elterngeld eigentlich da ist.

© dpa

Aus der Babypause: Ministerin Schröder verteidigt das Elterngeld

Unions-Fraktionschef Volker Kauder attackierte jüngst das Elterngeld. Doch sein Argument, das Instrument greife nicht, lässt Kristina Schröder nicht gelten

Von Hans Monath

Berlin - Mit kritischen Bemerkungen zu den Instrumenten einer modernen Familienpolitik hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder schon häufig Schlagzeilen gemacht. Bei seiner jüngsten Attacke auf das Elterngeld, das er im Jahr 2013 auf den Prüfstand stellen will, nahm der CDU-Politiker nun wenig Rücksicht auf die besondere Lage von Familienministerin Kristina Schröder.

Kauders Parteifreundin kehrt wegen der Babypause nach der Geburt ihrer ersten Tochter erst im September in ihr Ministerium zurück. Dennoch ließ sie postwendend erklären, am Elterngeld werde „nicht gerüttelt“. Die Leistung sei „eben gerade keine Gebärprämie“. Sie ermögliche Eltern vielmehr, sich Zeit für ihre jungen Kinder zu nehmen, was vor allem immer mehr Väter nutzten. Zudem zeige die im Jahr 2010 gestiegene Geburtenrate, dass die Menschen wieder optimistischer seien.

Die Opposition, die Schröders Wirken meist sehr kritisch sieht, nahm eindeutig für sie Partei. Die Ankündigung, das Elterngeld zu überprüfen, weil die Geburtenrate nicht gestiegen ist, sei ein „verheerendes Signal“, das Familien verunsichere, warnte SPD-Familienpolitikerin Caren Marks. Die Grünen-Abgeordnete Katja Dörner warf Kauder vor, mit der von ihm losgetretenen Debatte werde „ein wichtiges familien- und gleichstellungspolitisches Instrument kaputtgeredet“. Das Elterngeld sei „keine ,Geburtenprämie’, sondern ein wichtiger Baustein moderner Familienpolitik“, erklärte zudem der Familienbund der Katholiken.

Kauder ist nicht der einzige Koalitionspolitiker, der aus seiner Unzufriedenheit mit der angeblich ausbleibenden Wirkung des Elterngeldes kein Geheimnis macht. Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner hatte im Mai auf dem Parteitag in Rostock das Instrument infrage gestellt. Er beklagte damals einen „bürokratisch verholzten Wohlfahrtsstaat“, an den immer neue Forderungen gerichtet würden. So sei das Elterngeld zum Besitzstand geworden, habe aber sein Ziel nicht erreicht.

Die Summe von vier Milliarden Euro könne besser in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert werden. Anders als Kauder wiederholte der FDP-Generalsekretär seine Kritik aber nicht und schwieg nun auch zu dessen jüngstem Vorstoß. Tatsächlich unterscheiden sich die Familienbilder von Union und FDP fundamental. Während die CSU und konservative CDU-Vertreter wie Kauder auf die Einführung eines Betreuungsgeldes nach dem Jahr 2013 pochen, wollen die Liberalen nichts von einer solchen Alimentierung von Müttern oder Vätern wissen, die ihre Kinder zu Hause betreuen.

Lesen Sie auf Seite 2, wie Statistiker das Elterngeld beurteilen.

Auch Kauder dürfte allerdings wissen, dass die milliardenschwere Kompensationsleistung für das Elterngeld wegen der angespannten Haushaltslage schlicht nicht machbar ist. Womöglich dienen Attacken auf das Elterngeld auch nur als Signal an unzufriedene CDU-Anhänger, die konservatives Profil vermissen.

Anders als ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Soziologin Kristina Schröder nie eine direkten Zusammenhang zwischen Elterngeld und Geburtenrate hergestellt. Allerdings gibt es Argumente, wonach die Geburtenrate ohne Elterngeld noch schlechter ausfallen würde.

So rechnete das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) kurz nach Einführung des Elterngeldes vor, dass wegen der geburtenschwachen Jahrgänge im Jahr 2007 rund 200 000 Frauen weniger im gebärfähigen Alter in Deutschland lebten. Bei gleichbleibender Geburtenrate seien deshalb 11 000 Kinder weniger zu erwarten als im Jahr zuvor. Für den Umstand, dass trotzdem rund 9300 Kinder gegen den demografischen Trend geboren wurden, so erklärte IGES-Direktor Bertram Häussler damals, gebe es „keine andere Erklärung als das Elterngeld“.

Zudem zeigt staatliche Familienförderung im Urteil internationaler Experten dann ihre größte Wirksamkeit, wenn sie in den frühen Lebensjahren ansetzt. So kam eine im Frühjahr veröffentliche OECD-Familienstudie zu dem Schluss, Fördermittel, die auf die vorschulische Zeit konzentriert werden, hätten einen viel größeren Effekt als solche, die erst in der Schulzeit ansetzten. Die Studie empfahl sogar, Fördermittel in die frühen Lebensjahre umzuschichten.

Das allerdings plant auch Kristina Schröder nicht. Ihr Ministerium will im Jahr der Bundestagswahl 2013 das Ergebnis einer Evaluierung aller familienpolitischen Leistungen vorlegen, an der auch das Finanzressort mitarbeitet. Dabei geht es aber nach Angaben aus dem Familienministerium nicht um die Abschaffung von Leistungen wie das Elterngeld, sondern darum, sie wirksamer und effizienter zu gestalten.

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