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Ministerpräsident Sellering zu Afghanistan: "Abziehen – so schnell wie möglich"

Der Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, spricht im Tagesspiegel über den Afghanistan-Einsatz.

Herr Ministerpräsident, Sie melden sich seit Wochen als entschiedener Gegner des Afghanistan-Einsatzes zu Wort. Was versprechen Sie sich davon?

Ich hoffe, dass die SPD ihre Position korrigiert. Ich möchte, dass wir den Einsatz in Afghanistan, der sich zum Krieg ausgewachsen hat, beenden. Wir müssen so schnell abziehen, wie es bei Wahrung der Sicherheit unserer Soldaten möglich ist. Und natürlich setze ich darauf, dass die SPD-Bundestagsabgeordneten der Verlängerung des Mandats im Bundestag die Unterstützung verweigern.

Glauben Sie tatsächlich, dass eine Mehrheit der SPD-Fraktion die Mandatsverlängerung ablehnen könnte, obwohl die SPD-Spitze Zustimmung empfohlen hat?

Ich kann nur warnen: Die SPD darf dieser Bundesregierung nicht auf den Leim gehen. Die SPD-Spitze hat immer gesagt, dass wir nur dann zustimmen können, wenn unwiderruflich festgelegt wird, dass der Truppenabzug in diesem Jahr beginnt. Der von der Regierung jetzt vorgelegte Mandatsentwurf ist aber bewusst unbestimmt formuliert. Wenn die SPD diesem Mandat zustimmt, gibt sie der Regierung einen Freibrief, den Beginn des Truppenabzugs zu vertagen. Und genau das hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ja auch im Sinn. Das zeigen alle seine Äußerungen.

Noch einmal: Ist ein Nein der SPD-Bundestagsfraktion bei der Bundestagsentscheidung Ende Januar realistisch?

Es gibt in der Tat die Empfehlung, zuzustimmen. Die sind aber vor den Äußerungen von zu Guttenberg beschlossen worden. Wenn der Verteidigungsminister jetzt öffentlich sagt, ihm sei „wurscht“, welche Zeitangabe in dem Beschluss steht, dann muss das zu einer Neubewertung führen. Am Ende muss jeder Abgeordnete selbst entscheiden.

In Mecklenburg-Vorpommern, wo der Bundeswehreinsatz wie im gesamten Osten besonders umstritten ist, müssen Sie im September um Ihre Wiederwahl kämpfen. Können Sie von sich sagen, dass Ihr Nein zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan und zur Verlängerung des Mandats frei von wahltaktischen Motiven ist?

In Fragen von Krieg und Frieden geht es um Grundüberzeugungen. Und für Grundüberzeugungen muss man einstehen, ganz gleich, ob Wahlen vor der Tür stehen oder nicht. Ich bin seit langer Zeit gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Und ich glaube, die SPD wäre gut beraten, den vielen Menschen in Deutschland eine Stimme zu geben, die das auch so sehen.

Die Fragen stellte Stephan Haselberger.

Erwin Sellering (SPD) ist Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern und rät der Bundestagsfraktion seiner Partei, der Verlängerung des Afghanistan-Mandats nicht zuzustimmen.

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