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Missbrauch: Der Papst und die Pflichten

Es war die Nachricht, auf die viele gewartet hatten: In Missbrauchsfällen hätte die katholische Kirche die Behörden einzuschalten, dekretiere eine am Montag veröffentlichte Richtlinie des Heiligen Stuhls.

Insbesondere in Deutschland, wo sich am Donnerstag Bischof Robert Zollitsch mit Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über diese Frage unterhalten wird, erschien die Meldung wie eine scharfe höchstamtliche Reaktion auf die Missbrauchsfälle.

Die Erwartungen an einen „Kurswechsel“ des Papstes hin zu Transparenz und Kooperation könnten enttäuscht werden. Oder besser: Auf die Internetveröffentlichung der „Hinweise zum Verständnis der Verfahrensgrundlagen der Glaubenskongregation bei Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs“, so der Titel des Dokuments, sollten sie sich nicht stützen.

Anzuwendendes Recht, heißt es in dem Dokument, ist das Motu Proprio „Sacramentorum sanctitatis tutela“ (MP SST) vom 30. April 2001 in Verbindung mit dem Kodex des kanonischen Rechts von 1983“. Und weiter: „Bürgerliche Gesetze, die das Anzeigen von Verbrechen bei den zuständigen Behörden betreffen, sollen immer befolgt werden“. Der Satz mag neu sein, beschreibt aber Selbstverständliches: Gegen staatliches Recht, zumal Strafgesetze, darf man nicht verstoßen.

Für Deutschland bedeutet dies, dass die Bischöfe die Behörden in Missbrauchsfällen keineswegs zwingend einschalten müssen. Anzeigepflichtig sind laut Strafgesetz nur Schwerstdelikte wie Mord und Totschlag, Hochverrat, Menschenraub und dergleichen. Wer schweigt, wenn er davon erfährt, wird bestraft. Für sexuellen Missbrauch gilt das jedoch gerade nicht. Zudem sind laut deutschem Recht Geistliche, die von anzeigepflichtigen Verbrechen erfahren, von der Meldepflicht ausgenommen, wenn sie ihnen als Seelsorger anvertraut werden.

Von einer päpstlich dekretierten Berichtspflicht an die Behörden kann deshalb keine Rede sein – was der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, am Dienstag auch bestätigte. Der Text erläutert Kirchenrecht. Er wendet sich an „Laien“ und „Nichtkanoniker“, also des Kirchenrechts Unkundige. Ein Akt für die Öffentlichkeit, ansonsten folgenlos. Dem Problem will sich der Papst dafür auf persönlicher Ebene stellen: Bei seinem Besuch auf Malta am Wochenende seien Gespräche mit Opfern möglich, sagte sein Sprecher.

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