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Misshandlungsvorwürfe: Kurnaz-Vorwurf stoppt Elitetruppe

Nach den Misshandlungsvorwürfen des Deutsch-Türken Murat Kurnaz gegen die Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr in Afghanistan steht der weitere Einsatz der Einheit in Frage.

Stuttgart - SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sagte, die KSK-Operation in Afghanistan solle auslaufen. Grünen-Chefin Claudia Roth betonte, als Parlamentarierin hätte sie keinem Einsatz des KSK zugestimmt, wenn sie geahnt hätte, dass dieser sich so verselbständigen könnte. Ein ehemaliger KSK-Soldat wies Kurnaz' Aussagen zurück. Über die Aufklärung der Vorwürfe im Parlament gerieten Regierung und Opposition aneinander.

Bartels sagte, fünf Jahre nach Beginn des Antiterroreinsatzes in Afghanistan müsse geprüft werden, ob die KSK-Komponente noch gebraucht wird. Die Verlängerung des Mandats für die Beteiligung der Bundeswehr an der Operation "Enduring Freedom", zu der auch der KSK-Einsatz zählt, soll vom Kabinett in der nächsten Woche beschlossen werden.

Roth fordert Aufklärung der Misshandlungsvorwürfe

Roth sagte: "Ich finde die Vorstellung unerträglich, dass deutsche Soldaten mitmachen oder zuschauen, wenn Menschen gequält werden, wenn Leute ohne Rechtsbeistand in Lager verschleppt werden." Das diskreditiere die Demokratie und den Einsatz in Afghanistan. "Wie soll man einer Beteiligung unter diesen Bedingungen und ohne zu wissen, was die KSK als Teil von 'Enduring Freedom' dort überhaupt tut, noch zustimmen können?", fragte sie. Roth forderte zudem eine lückenlose öffentliche Aufklärung der Misshandlungsvorwürfe. "Bei einen geheim tagenden Ausschuss darf es nicht bleiben", sagte Roth.

Ein namentlich nicht genannter ehemaliger KSK-Angehöriger wies Kurnaz' Vorwurf zurück, er sei in einem US-Gefängnis in der afghanischen Stadt Kandahar von deutschen Soldaten gefoltert worden. "Dass das so abgelaufen ist, wie von Kurnaz behauptet wird, war mit Sicherheit nicht so", sagte der frühere Soldat der Tageszeitung "Die Welt". Der Befehl an das KSK zur Bewachung von Gefangenen der US-Streitkräfte in Kandahar sei vom Verteidigungsministerium in Berlin gekommen, sagte der ehemalige Soldat.

Günzel: Kein Kontakt zu Kurnaz

Der frühere KSK-Kommandeur Reinhard Günzel stellte sich vor seine damaligen Soldaten. "Die Politiker tragen für den Einsatz Verantwortung. Sie haben unsere Männer dorthin geschickt", sagte Günzel. Er habe keinen Kontakt zu Kurnaz gehabt, als dieser in Kandahar inhaftiert war. Er sei zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht in Afghanistan gewesen. Das Verteidigungsministerium hatte Kontakte von Kurnaz zu KSK-Soldaten eingeräumt, von dem Deutsch-Türken aber erhobene Misshandlungsvorwürfe an die Adresse der KSK aber zurückgewiesen.

Die Misshandlungsvorwürfe gefährden zudem den Sitzungsbetrieb des Parlaments in der nächsten Woche. Union und SPD hätten am Donnerstag im Ältestenrat die Tagesordnung für die komplette nächste Woche strittig gestellt, berichtet die "Financial Times Deutschland". Damit wollten die Koalitionsfraktionen verhindern, dass FDP, Grüne und Links-Fraktion die Erweiterung des existierenden BND-Untersuchungsausschusses um den Fall Kurnaz auf den Beratungsplan setzen. Umstritten ist, ob für die Erweiterung des bestehenden Ausschusses nur 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen notwendig sind oder ob die Mehrheit der Parlamentarier zustimmen muss.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte, er erwarte, dass die Koalition Minderheitenrechte respektiere und sich einer unverzüglichen Beschlussfassung über den Erweiterungsantrag nicht in den Weg stelle. Anders als der von der Koalition zur Prüfung der Vorwürfe vorgesehene Verteidigungsausschuss könnte der BND-Ausschuss den Fall Kurnaz öffentlich untersuchen. (tso/ddp)

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