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Politik: Mit Amerika gegen die Ajatollahs

Junge Iraner erwarten Reformen nur durch Druck von außen

„Wann marschieren die Amerikaner endlich nach Teheran? ", fragt der 27-jährige Hossein. Der Politik-Student an der staatlichen Universität von Teheran sitzt im Café „Gap" und trinkt einen Cappuccino. Der junge Mann in Jeans und weißem Hemd ist ungeduldig. Er will Veränderung. „Präsident Chatami hat uns Reformen versprochen, aber er kommt einfach nicht voran. Die konservativen Geistlichen in der Justiz und in den politischen Kontrollgremien bremsen ihn aus", analysiert Hossein. Er glaubt, dass nur massive Intervention von außen die politische Patt-Situation zugunsten der iranischen Reformer verändern kann.

So wie Hossein haben viele junge Iraner die amerikanische Intervention im Irak begrüßt. Diese Haltung steht in starkem Kontrast zu den Ansichten in der arabischen Welt, wo die amerikanische Invasion als Demütigung für den arabischen Nationalismus größtenteils abgelehnt wurde. Die Haltung steht auch im Kontrast zu Haltung von Teilen der iranischen Regierung, die sich zwar mit offener Kritik an den USA zurückhält, aber doch die Invasion des Nachbarlandes in den eigenen Medien negativ darstellt.

„Die fragwürdige Legalität des Krieges und das Fehlen einer UN-Zustimmung zum Angriff auf den Irak war den meisten Iranern egal. Sie interessieren sich nur für die Auswirkungen des Krieges auf die interne Entwicklung in Iran", erklärt der Teheraner Professor für Politik und Internationales Recht, Davour Hermides Bavand. „Die meisten Menschen haben die Nase voll und glauben nicht mehr, dass das politische System in Iran reformierbar ist. Seiner Meinung nach ist offen, welches Lager in der iranischen Politik durch den amerikanischen Waffengang gestärkt wird. „Allein die Präsenz der US-Armee in unserer Nähe verunsichert die Konservativen in der Regierung", glaubt er. Sie hätten einen „Vorgeschmack" davon bekommen, dass Veränderung „unausweichlich" sei. Dies könnte dazu führen, dass sie einige Reformen beschleunigen. Wenn allerdings die Verhältnisse im Nachbarland chaotisch blieben und es zu Auseinandersetzungen zwischen US-Truppen und Irakern käme, werde das konservative Establishment in Teheran gestärkt.

Der „Vorsitzende" der liberalen iranischen Freiheitspartei, die nicht offiziell zugelassen, aber geduldet wird, Ibrahim Jasdi, sieht bereits erste Veränderungen in Iran durch die amerikanische Intervention im Nachbarland. Vergangene Woche haben 250 Parlamentarier, Journalisten, Ex-Minister, Universitäts-Professoren und seine Partei eine Petition veröffentlicht, in der sie die „Mindestanforderungen" für sofortige politische Reformen aufgelistet hätten. Darunter die Freilassung aller politischer Häftlinge und die Abschaffung des Wächterrates, der über die Zulassung von Kandidaten für die Parlamentswahlen entscheidet und fest in der Hand der Konservativen ist. Es sei das erste Mal, dass ein so breit gefächertes politisches Spektrum eine gemeinsame Petition verfasst habe, sagt Jasdi. Doch die andauernde Konfrontation zwischen Moderne und Tradition, Islam und Demokratie, deren Ausdruck das politische Ringen zwischen Reformern und Konservativen in Iran sei, könne damit nicht entschieden werden. „Wir müssen das Baby selbst zur Welt bringen", glaubt Jasdi.

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