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Politik: Mit beschränktem Auftrag

Blair lässt die Geheimdienstinformationen über Iraks Waffen prüfen – aber nicht die Rolle der Regierung

Im britischen Unterhaus gab es am Dienstag wieder einmal Hohngelächter und Protest für die Regierung. Der Grund: Außenminister Jack Straw stellte die Einzelheiten einer neuen Irakuntersuchung vor. Blair hatte zuvor wachsendem Druck nachgegeben und in die Untersuchung eingewilligt. Ihm war kaum etwas anderes übrig geblieben, nachdem sein Freund George W. Bush angekündigt hatte, eine Kommission wegen der fehlenden Waffenfunde im Irak einzusetzen.

Nun gibt es um Auftrag, Umfang und Form der neuen Untersuchung heftigen Streit. Blair hat sie auf die Prüfung der Geheimdienstberichte der Vorkriegsphase und die Diskrepanzen mit der nach dem Krieg vorgefundenen Situation beschränkt. Die Frage, ob die Geheimdienstberichte von der Regierung zur Legitimierung des Krieges missbraucht wurden, sowie der Streit um die Rechtsgrundlagen des Krieges bleiben ausgeklammert. Leiter der Kommission ist Lord Robin Butler, der als Chef des „Cabinet Office“ unter mehreren Premierministern diente.

Die Liberaldemokraten, die im Unterhaus gegen die Kriegsentscheidung gestimmt hatten, wollten „die Kompetenz und das Urteil des Premiers“ zum Gegenstand der Untersuchung machen. Eine Kommission, die weder die Arbeitsweise der Regierung noch den Gebrauch, den sie von Geheimdienstinformationen machte, überprüfe, werde nach der Furore über den als einseitig empfundenen Hutton-Bericht „schwerlich das Vertrauen der Öffentlichkeit haben", warnte der Sprecher der Liberaldemokraten, Menzies Campbell, im Unterhaus. Blair lehnte dies ab: „Man kann nicht untersuchen, ob der Krieg richtig war oder nicht. Dies ist etwas, was die Regierung und das Parlament entscheiden müssen", sagte der Premier am Dienstag in einer Anhörung des Verbindungsausschusses, dem alle Ausschussvorsitzenden des Unterhauses angehören. Blair bezeichnete es ausdrücklich als „unnötig", dass die neue Untersuchung noch einmal das Terrain von Lord Huttons Untersuchung abschreite. Hutton habe entschieden, dass die Regierung die Geheimdienstberichte nicht „aufgebauscht" habe. Doch für viele Beobachter hat gerade der politische Umgang mit den Geheimdienstinformationen Fragen aufgeworfen, für die sich Hutton als nicht zuständig erklärte.

Blair verteidigte erneut seine Kriegsentscheidung: „Wir können stolz auf das sein, was wir als Land getan haben". Die Interaktion zwischen instabilen Staaten mit Massenvernichtungswaffen und Terrorismus sei die Sicherheitsbedrohung des 21. Jahrhunderts. „Wenn wir nicht bereit gewesen wären, dies im Irak anzupacken, würden wir nun nicht mit Iran, Nordkorea, Libyen und Anderen Fortschritte machen", so Blair. US-Außenminister Colin Powell sagte dagegen der „Washington Post", das Fehlen (irakischer) Waffenlager verändere die Kalkulation. Er sei sich nicht sicher, ob er unter diesen Umständen eine Invasion empfohlen hätte.

Anders als das US-Vorbild, dem Bush 18 Monate für seine Arbeit eingeräumt hat, soll die britische Untersuchungskommission bereits vor der Sommerpause berichten. Der mögliche Hintergrund: In Großbritannien beginnt der Wahlkampf im kommenden Frühjahr, in den USA läuft er schon. Der eine möchte das Thema offenbar vorher vom Tisch haben; der andere hofft, sich möglichen Enthüllungen erst nach der Wiederwahl stellen zu müssen.

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