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Politik: Mit den Stimmen der Schwarzen

New Orleans’ Bürgermeister Nagin brachte Wähler mit Bussen in die Stadt, um sein Amt zu verteidigen

In einem sensationellen Endspurt hat New Orleans’ Bürgermeister Ray Nagin bei der Stichwahl am Samstag sein Amt verteidigt. Nach der ersten Runde vor vier Wochen – und am Wahlabend selbst – hatte es lange danach ausgesehen, als würde der weiße Herausforderer Mitch Landrieu vorne liegen und die Stadt erstmals seit 28 Jahren wieder ein weißes Oberhaupt bekommen. Damals hatte Landrieus Vater New Orleans regiert.

Nagin war seit Hurrikan „Katrina“, der Ende August 2005 weite Teile der Stadt zerstört und überflutet hatte, umstritten. Man warf ihm eine schlechte Vorbereitung auf den angekündigten Megawirbelsturm und ein mangelhaftes Krisenmanagement vor. Bis heute hat New Orleans nicht einmal die Hälfte seiner früher 480 000 Einwohner wieder. Der Schwarzenanteil ist von rund 70 auf unter 50 Prozent gesunken.

Nagin siegte am Ende mit 52,3 zu 47,7 Prozent. Nur etwas über 100 000 Bürger nahmen an der Wahl teil, für Nagin stimmten 59 460, für Landrieu 54 131. Die Entscheidung fiel entlang der rassischen Trennungslinien. Ausschlaggebend bei niedriger allgemeiner Wahlbeteiligung war die hohe Mobilisierung schwarzer Ex-Einwohner der Stadt, die heute anderswo in den USA leben, vor allem in Texas und Florida. Nagin hatte sie in Bussen nach New Orleans bringen lassen, andere nutzten die Briefwahl. Er erhielt 80 Prozent der schwarzen und 20 Prozent der weißen Stimmen.

Den Wahlkampf beherrschten die Fragen nach dem Wiederaufbau der Deich- und Pumpensysteme sowie der Stadt an sich: Welche Viertel werden besonders unterstützt, welche womöglich ganz aufgegeben? Im Juni beginnt die neue Hurrikan-Saison. Nach überwiegender Expertenmeinung soll man die am niedrigsten gelegenen Wohngebiete nicht wieder besiedeln, erstens, weil sie völlig zerstört sind, und zweitens, weil sie bei einem neuen Hurrikan dieser Stärke wieder überflutet würden. Dabei handelt es sich überwiegend um die Viertel armer, schwarzer Bürger wie die Lower Ninth Ward. Nagin wich dieser Frage seit Monaten aus. Er werde die Verteilung der Mittel davon abhängig machen, in welche Stadtteile mehr Bürger zurückkehren, sagte er. Herausforderer Landrieu hatte nicht auf ein alternatives Konzept gesetzt, sondern versprochen, die gleichen Ziele effektiver anzustreben. Auch ihm gehe es um die Versöhnung der Bevölkerungsgruppen. Er habe einen seriöseren Ruf und bessere Verbindungen nach Washington. Er entstammt einer einflussreichen demokratischen Politikerdynastie. Seine Schwester ist Senatorin, er selbst Vizegouverneur von Louisiana.

Das Wahlergebnis setzt Nagin unter Druck. Seine Wähler erwarten umfangreiche staatliche Unterstützung, damit auch das schwarze New Orleans zurückkommt. Seine Äußerung, „Gott will, dass New Orleans eine Chocolate City bleibt“, hatte scharfe Kontroversen im ganzen Land ausgelöst. Er kontrolliert jedoch nicht die vielen Milliarden an Aufbauhilfe. Die kommen von der Bundesregierung. In seiner Siegesrede dankte er ausführlich Präsident George W. Bush: „Sie und ich sind wohl die am schlimmsten verleumdeten Politiker dieses Landes. Ich möchte Ihnen danken, dass Sie das Versprechen vom Jackson Square gehalten haben.“ In einer Rede kurz nach dem Hurrikan vor der Kathedrale auf dem Jackson Square im French Quarter der Stadt hatte Bush den Wiederaufbau zur nationalen Aufgabe erklärt.

Nagin vollzog damit eine weitere parteipolitische Wende. Vor seiner Wahl 2002 war er Manager des Kabel-TV-Senders Cox und Republikaner. Im Wahlkampf wechselte er dann zu den Demokraten, um seine Chancen im demokratisch geprägten New Orleans zu erhöhen. Seinen Sieg 2002 verdankte er auch weißen Geschäftsleuten, die über Schlendrian und Korruption empört waren. Sie sind heute enttäuscht von ihm. Nagins Taten halten nach ihrem Urteil mit seinen großen Worten nicht mit.

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