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Politik: Mit der Aufgabe der Sicherheitszone im Südlibanon zwingt Israel Syrien an den Verhandlungstisch (Kommentar)

Endlich. Israels Beschluss, seine Truppen aus dem Südlibanon, der so genannten "Sicherheitszone", abzuziehen, war überfällig.

Endlich. Israels Beschluss, seine Truppen aus dem Südlibanon, der so genannten "Sicherheitszone", abzuziehen, war überfällig. Weil er aber als Eingeständnis einer militärischen Niederlage missverstanden werden konnte, zögerte er sich so lange hinaus.

Der Regierungsbeschluss stellt einen Sieg der Vernunft, mutiger Frauen und weitsichtiger Politiker dar. Nur langsam schlossen sich Gesinnungsfreunde an, danach aber umso schneller Mitläufer und Opportunisten. Noch ist es nur ein Etappensieg - aber ein vorentscheidender. Die außerparlamentarische und die politische Bewegung für den bedingungslosen Rückzug sieht ihr Ziel greifbar nahe. Im Falle mörderischer Hisbollah-Attacken muss sie jedoch auf Rückschläge gefasst sein. Die historische Entscheidung, erstmals seit weit über zwei Jahrzehnten die galiläischen Ortschaften von der nördlichen Landesgrenze aus zu verteidigen (statt in einer nicht zu Israel gehörenden Pufferzone), hat Signalwirkung.

Nach innen: Ministerpräsident Ehud Barak, der seit Monaten den Abzug der Truppen aus dem Südlibanon für Juli versprochen hatte, aber in letzter Zeit an Glaubwürdigkeit verlor, will sein Ansehen verbessern. Er möchte dem Bürger und Wähler klarmachen, dass er allen Widerwärtigkeiten zum Trotz auf dem Weg zum Frieden bleibt.

Ein Signal auch nach außen: Israel bekräftigt gegenüber der arabischen Welt seine Entschlossenheit, Frieden mit ihr auch um einen hohen Preis anzustreben. Es zwingt Syrien, endlich eine entgegenkommende Antwort auf das Angebot zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu geben. Es macht den Palästinensern klar, dass auch, was lange währt, zu einem positiven Ende geführt werden kann. Und Israel verdeutlicht gegenüber Libanon, dass es wirklich keine territorialen Ansprüche erhebt, Beirut also bei Friedensverhandlungen nichts zu verlieren hat.

Noch sind die Truppen nicht abgezogen. Und doch ist jetzt der Druck auf Damaskus gewaltig, so seltsam dies klingen mag. Syrien wird fast an den Verhandlungstisch gezwungen, denn es fürchtet einen einseitigen israelischen Rückzug ohne Abkommen mit Damaskus und Beirut. Syrien würde in diesem Falle das Druckmittel verlieren, um Israel in einem Friedensvertrag den völligen Abzug von den Golanhöhen abzuringen, da die Hisbollah im Südlibanon keinen mörderischen Kleinkrieg mehr gegen Israels Soldaten führen könnte. Das von Damaskus angestrebte Tauschgeschäft "Ruhe im Südlibanon gegen Golan-Rückgabe" käme nicht zustande. Wobei allerdings nicht übersehen werden darf, dass auch Ehud Barak diesen Handel braucht, um eine Mehrheit in der Volksabstimmung über einen Friedensvertrag einschließlich Golan-Abzug zu gewinnen.

Zum anderen bleibt bei einem Rückzug ohne Abkommen Syriens Wunsch unerfüllt, dass Israel die syrische Oberherrschaft über den Libanon vertraglich anerkennt. Vielmehr müsste Damaskus damit rechnen, dass der Libanon bald auch den Abzug der 30 000 syrischen Soldaten verlangt. Dann könnte es sich gar ergeben, dass Hafez el-Assad am Ende seiner Herrschaft ein Syrien ohne Golan und ohne Kontrolle über den Libanon hinterlässt - ein allzu bescheidenes Erbe, als dass sich sein Clan noch lange an der Macht halten könnte.

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