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Politik: Mit falscher Münze

Von Martina Ohm Frankreichs Regierung hat ein Problem. Sie möchte so gerne, dass der neue Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) in Zukunft ein Franzose ist.

Von Martina Ohm

Frankreichs Regierung hat ein Problem. Sie möchte so gerne, dass der neue Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) in Zukunft ein Franzose ist. Doch der Wunschkandidat, Frankreichs Notenbankchef Jean-Claude Trichet, soll vor Gericht. Ausgerechnet dann, wenn der amtierende EZB-Chef Wim Duisenberg das Zepter vorzeitig abgeben will. Duisenberg hat seinen Rücktritt für den Juli 2003 angekündigt.

Als Chef des Pariser Schatzamtes und mithin verantwortlich für die Staatsunternehmen soll sich Trichet tadelnswert verhalten haben. Es geht um Bilanz- und Kontofälschung bei der damaligen Staatsbank Crédit Lyonnais, für deren Sanierung der französische Steuerzahler am Ende mit Milliarden zur Kasse gebeten wurde.

Seit fünf Jahren bemühen sich die Franzosen, ihren Traum zu verwirklichen. Ein Kandidat aus Frankreich für den Chefposten der EZB – das ist nach dem Selbstverständnis unserer Nachbarn eine ganz „natürliche Kandidatur.“ Schon als es um die Einrichtung der gemeinsamen Währungsbehörde ging, hieß es in Paris: Deutschland bekommt die Bank - und Frankreich den Präsidenten. Dass es auf Anhieb dann doch anders kam und sich der Niederländer Wim Duisenberg für den Notenbank-Job als erster Präsident qualifizierte, ließ den Franzosen keine Ruhe. Am Ende lautete der unrühmliche Kuhhandel: Duisenberg tritt freiwillig ab, während Paris seinen Kandidaten Trichet rechtzeitig in Stellung bringt.

Der Untersuchungsrichter hat der französischen Regierung jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Trichet muss sich vor Gericht verantworten. Zwar hält Paris offiziell an dem Wunschkandidaten fest. Doch der einzige, der jetzt noch ungeniert vom „natürlichen Kandidaten“ spricht, ist Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber. „Der wird es“, versicherte er am Dienstag Staatspräsident Jacques Chirac. Seltsam.

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