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Politik: Mit links – oder stabil

Die SPD kann sich in Schwerin den Partner aussuchen. Aber will Ringstorff mit der CDU regieren?

Die sich abzeichnende hauchdünne Mehrheit einer rot-roten Koalition machte niemanden glücklich an diesem Sonntagabend in Schwerin – nur die FDP feierte ausgelassen ihren unerwartet deutlichen Wiedereinzug in den Landtag nach zwölf Jahren. Wahlverlierer Harald Ringstorff dagegen gab seine Statements starr und knorrig ab wie eh und je. Seine Begründung für den zweistelligen Absturz seiner Partei: Die Landes-SPD hat diesmal nicht schlecht, sondern vor vier Jahren besonders gut abgeschnitten – wegen des damaligen Rückenwindes aus Berlin, als gleichzeitig Bundestagswahl war und Gerhard Schröder sich dem Irakkrieg verweigert hatte.

Eine Koalitionsaussage wollte Ringstorff nicht machen. Der angeschlagen aus dieser Wahl hervorgegangene 66-Jährige wusste, dass ein vorschnelles Festhalten an der PDS ein Fauxpas gewesen wäre. Für etliche in der SPD ist es eine Horrorvorstellung, angesichts des knappen Ergebnisses künftig bei jeder Entscheidung von einem einzigen Abweichler in der PDS erpressbar zu sein. Sie haben den Linken nicht vergessen, dass sie den Koalitionspartner bei der Verwaltungsreform fast gelinkt hätten: Gegen den Widerstand großer Teile der PDS-Fraktion musste Ringstorff die Reform durchdrücken.

Zwar stärkten ihm einige Parteigenossen halbherzig den Rücken: Ohne Ringstorff als Spitzenkandidat, so sagte etwa SPD-Fraktionschef Volker Schlottmann, hätte die SPD noch schlechter ausgesehen. Und die Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung, Margret Seemann, verwies auf die Koalitionsdisziplin der SPD, wenn es in der Vergangenheit mal eng wurde. Nur: Eng wurde es fast nie, denn Ringstorff regierte mit seinem Vize, dem Umweltminister und PDS-Spitzenkandidaten Wolfgang Methling, mit einer satten Mehrheit von 20 Stimmen – die könnte nun auf gerade mal eine einzige geschrumpft sein.

So verwundert es nicht, dass die CDU am Wahlabend die SPD beschwor, auch angesichts der künftigen Präsenz der NPD im Landtag für stabile Mehrheiten zu sorgen. Mit solch hehrer Begründung boten sich Spitzenkandidat Jürgen Seidel wie auch Fraktionschef Armin Jäger den Sozialdemokraten als Koalitionspartner an. Ringstorff machte ihnen immerhin mit der Ankündigung Hoffnung, sowohl mit der CDU als auch mit der PDS über künftige Politikfelder reden zu wollen.

Zumindest in einer heiklen Angelegenheit probten die Parteien an diesem Abend schon mal den Schulterschluss: Gegen die NPD wollten sie über die Grenzen der Parteien und Mehrheiten hinweg gemeinsam vorgehen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion und CDU-Generalsekretär Lorenz Caffier nannte den NPD-Einzug in den Landtag „das Schlimmste, was dem Land passieren konnte“. Das sei verheerend für das Image des Landes, sagte Caffier, der auch Vorsitzender des Tourismusverbands „Mecklenburgische Seenplatte“ ist. Und Helmut Holter, für die PDS bislang Arbeits- und Sozialminister, sagte, man werde der NPD „offensiv, nicht ängstlich entgegentreten“.

Sollten die Gespräche in den nächsten Tagen in der Tat auf eine stabile Mehrheit und damit auf eine große Koalition hinauslaufen, bleibt fraglich, ob diese Option mit Ringstorff zu machen sein wird. Der Mann, der mit der sturen Beharrlichkeit des Mecklenburgers einst ein Tabu gebrochen hatte, indem er 1998 nach der Landtagswahl erstmals in Deutschland die PDS zum Mitregieren einlud, könnte womöglich unter diesen Umständen seinen Abschied nehmen. Schließlich war er 1996 schon einmal als Wirtschaftsminister im Streit mit dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Berndt Seite aus einer großen Koalition ausgestiegen.

Es war Anfang der 90er Jahre eine CDU-geführte Landesregierung, die jene üppigen Verwaltungsstrukturen aufbaute, unter deren finanzieller Last das Land heute ächzt. Ringstorff will sie verschlanken, 15000 Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung abbauen, fast ein Viertel der derzeitigen Stellen. Dazu will er unter anderem eine Kreisgebietsreform machen, an deren Ende es nur noch fünf Großkreise gibt. Doch Kontrahent Seidel hält das für verfassungswidrig und sagt, mit der Reform entstünden „bürgerferne Monsterkreise“. Ein bisschen wenig Übereinstimmung für den Anfang.

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