zum Hauptinhalt

Politik: Mit rechts

Die flämischen Nationalisten finden mit populistischen Parolen neue Anhänger – die Wahl in Belgien wird das aber wenig beeinflussen

Der Wolf hat viel Kreide gefressen. Auf den Plakaten des von Männern dominierten Vlaams Blok zeigt eine blonde Frau das Victory-Zeichen. Anke Van Dermeersch, frühere Miss Belgien, inzwischen Anwältin in Antwerpen, hat einen prominenten Platz auf der Senatsliste des Vlaams Blok bekommen. Die Führungsgarnitur des Blok spricht noch immer eine harte, manchmal brutale Sprache, doch sie vermeidet peinlichst Äußerungen, die als rassistisch gebrandmarkt werden könnten. Auch die staatlichen Medien behandeln den ausländerfeindlichen, nationalistischen Blok inzwischen fast wie eine etablierte Partei. In Flandern kam der Blok 1999 auf 15,6 Prozent. In den letzten Umfragen kommt er nun sogar auf deutlich über 18 Prozent – obwohl in der Zwischenzeit zwei Parteien gegründet wurden, die um die gleiche Wählerschaft werben.

Die spektakulären Erfolge von Rechtspopulisten wie Pim Fortuyn in den Niederlanden und Jean-Marie Le Pen in Frankreich haben dem Blok Auftrieb gegeben. Politische Entfremdung, Enttäuschung über die Politik, Verunsicherung durch die Attentate des 11. September 2001, Irak-Krieg und Wirtschaftskrise seien bei Flamen und Wallonen größer geworden. In Flandern kommt das traditionell dem Blok zugute, in Wallonien ist es den mächtigen Sozialisten immer wieder gelungen, mit hausgemachten Populisten frustrierte Wähler für sich zu gewinnen. Allen Untersuchungen zufolge werden sie auch bei dieser Wahl wieder mit Abstand stärkste Partei werden. Doch die Umfragen lassen trotzdem die Alarmglocken läuten: Die rechtsradikale „Front National“ – das belgische Gegenstück zu Le Pens Partei – hat gute Chancen, in Wallonien erstmals über die fünf Prozent zu kommen.

Im Wahlkampf spielen diese Trends kaum eine Rolle, denn eine Koalition mit Populisten kommt für keine etablierte Partei in Frage. In Flandern liefern sich Christdemokraten und Liberale ein Kopf-an-Kopf-Rennen in den Umfragen. Die Christdemokraten hoffen, der Erfolg ihrer niederländischen Schwesterpartei werde auch ihnen helfen. Doch mit wem sie nach einem Wahlsieg regieren könnten, steht in den Sternen: Die angeschlagene Regenbogenkoalition von Premier Guy Verhofstadt will weitermachen, und ohne deren Teilhaber gibt es keine Mehrheit. Dass trotzdem viel Spannung in dem recht sachlichen Wahlkampf steckt, liegt an Belgiens kompliziertem politischen System und der Zweiteilung des Landes. Die größte Partei stellt nicht unbedingt den Premierminister. Überflügeln die Sozialisten in Flandern die Liberalen, können sie Anspruch auf den Posten des Premiers erheben. Da aber die frankophonen Sozialisten vermutlich besser abschneiden als die flämischen, käme der sozialistische Premier dann aus Wallonien. Doch lässt sich das größere und reichere Flandern dann von einem Premier aus dem kleinen, armen Wallonien regieren? Auch ein Sieg der Christdemokraten in Flandern muss nicht heißen, dass diese die Regierung bilden – ihre wallonischen Partner, die sich „demokratische Humanisten“ nennen, sind schwach. In den Startlöchern für die Verhofstadt-Nachfolge stehen so nicht nur der Chef der frankophonen Sozialisten, Elio di Rupo und sein flämischer Genosse Steve Stevaert, sondern auch der frankophone Liberalenchef und Außenminister Louis Michel. Keiner von ihnen war aber so voreilig, seine Kandidatur vorher kundzutun.

Klaus Bachmann[Brüssel]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false