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Politik: Mit weißem Smoking und zwei Sportwagen

Wie sich Liberias Ex-Diktator Taylor im nigerianischen Exil einrichtet

Die geschichtsträchtige Provinzstadt Calabar im äußersten Südosten Nigerias hat schon manch gestraucheltem Herrscher Zuflucht geboten. Keinem wurde jedoch ähnlich große Aufmerksamkeit zuteil wie dem Herrn mit dem weißen Smoking und der dunklen Sonnenbrille, der letzte Woche mit gewaltiger Entourage eingetroffen war: Liberias früherer Staatschef Charles Taylor.

Seit seiner Ankunft wird der berüchtigte Kriegsherr von einem Tross von Journalisten verfolgt, die bislang erfolglos ein Interview zu bekommen versuchen. Vermutlich werden sie sich noch gedulden müssen: Schließlich ist es dem Ex-Diktator, der in seiner Heimat 14 Jahre lang einen blutigen Bürgerkrieg geschürt und diesen nach seiner Machtübernahme 1997 auch in die umliegenden Staaten getragen hatte, ausdrücklich verboten, sich politisch zu äußern und zu betätigen.

In wenigen Tagen wird der 55-Jährige eine zweistöckige Villa auf einem Hügel über dem Parlament des Bundesstaates Cross River State beziehen. Bis das schmucke Haus mit dem Blick auf die schlammige Flussmündung renoviert und nach seinem Geschmack eingerichtet ist, wohnt Taylor in einem gleich daneben gelegenen cremefarbenen Gebäude.

Um seine Sicherheit braucht sich Taylor derzeit nicht zu sorgen. Die nigerianische Regierung hat das Wachpersonal vor seinem Wohnkomplex verdoppelt und Unbefugten den Zutritt verboten. Einheimische berichten, dass Taylor und seine Großfamilie in zwei nigerianischen Herkules-Militärmaschinen eingetroffen seien. Aus ihnen wurden unter anderem zwei Sportwagen, eine Mercedes-Limousine und Unmengen an Haushaltswaren und Möbeln entladen. Offenbar rechnet Taylor mit einem längeren Aufenthalt.

Dabei sind die Einheimischen über den Besucher alles andere als begeistert. „Charles Taylor kommt nicht als Held“, erklärt Dominic Kidzu, ein Sprecher der Provinzregierung. „Er kommt hierher, um sich zu verstecken.“ Die Bewohner sehen das ähnlich: Der Anwalt Timothy Edor ist tief verärgert darüber, dass seine Regierung dem Ex-Diktator Gastfreundschaft gewährt. Die Provinzregierung trägt alle größeren Kosten für Taylor, obwohl der Reichtum des Kriegsverbrechers auf mindestens drei Milliarden Dollar geschätzt wird.

Neben Taylor haben auch andere afrikanische Diktatoren ein Exilland gefunden, etwa Äthiopiens Haile Mariam in Simbabwe oder Ugandas Milton Obote in Sambia. Vieles deutet darauf hin, dass sie sich nicht mehr für ihre Verbrechen verantworten müssen. Taylor jedoch könnte es zum Verhängnis werden, dass die internationale Gemeinschaft heute mehr als zuvor auf eine Verfolgung von Staatsführern pocht, die sich schwerer Menschenrechtsverstöße schuldig gemacht haben. Die zeitweilige Festnahme von Chiles früherem Staatschef Pinochet vor fünf Jahren in London hat eine Trendwende eingeleitet. Auch die neu geschaffenen UN-Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda belegen dies. Als noch bedeutsamer gilt indes der neue Internationale Strafgerichtshof. So sagt Richard Brody von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch: „Eines Tages werden es die Idi Amins dieser Welt sehr viel schwerer haben, ein sicheres Versteck zu finden.“

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