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Politik: Mit Weitsicht

Zum Abschied Ferngläser: Lob für deutschen UN-Vorsitz

Von Hans Monath

Der Anfang war begleitet von ernsten Warnungen, doch am Ende gab es Lob für professionelle Arbeit im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen: Als Deutschland am 1. Februar für vier Wochen den Vorsitz des Sicherheitsrats übernahm, schien die Entscheidung über einen Irak-Krieg unmittelbar bevorzustehen. Den Spielraum der deutschen Diplomaten in New York hatte der Kanzler durch sein Nein zu jeder Kriegs-Resolution eingeengt. Viele beschworen schon den außenpolitischen Schaden für den Fall, dass sich Deutschland als Sicherheitsrats-Vorsitzender gegen die gesamte Weltgemeinschaft stellen müsse.

Das Ringen um eine Mehrheit für den Irak-Krieg dauert auch nach der Übergabe des Vorsitzes an Guinea an, doch das Gespenst der Isolierung ist zumindest vorerst vertrieben. Erleichterung und Stolz über die Leistung der eigenen Leute ist im Auswärtigen Amt zu spüren, auch wenn solche Urteile nicht so direkt geäußert werden. Schließlich mussten die UN-Diplomaten unter Leitung von Gunter Pleuger den Spagat bewältigen, gemeinsam mit Frankreich als Wortführer der Kriegsgegner aufzutreten und gleichzeitig das Gremium in einer Situation zu leiten, in der wie selten in der UN-Geschichte widerstrebende Mächte um die Zustimmung der 15 Sicherheitsrats-Mitglieder rangen. Für die Leitung der Sitzung, in der US-Außenminister Colin Powell angebliche Beweise für Massenvernichtungswaffen des Irak vorlegte, schickte der Kanzler Joschka Fischer persönlich nach New York. Der Außenminister leitete neun Tage später auch die Sitzung, in der sein Pariser Kollege de Villepin die Verbesserung der Inspektionen verlangte und so die Grundlage für den Plan aus Paris und Berlin legte, den eine Mehrheit des Gremiums heute unterstützt.

Das Lob, das nun in den UN zu hören ist, dürfte in Berlin als Chance für diplomatische Einflussnahme über die Irak-Krise hinaus geschätzt werden. Die Deutschen hatten sich bemüht, die Arbeit des Gremiums transparent zu gestalten und alle UN-Mitglieder einzubeziehen. Auch ohne Vorsitz bleibt freilich das Dilemma, dass Berlins Vertreter wegen der Kanzler-Vorgabe weniger beweglich sind als andere.

In der letzten Sitzung unter deutscher Leitung wurde am Donnerstag erbittert gestritten, ob sich der Rat bald mit bisherigen Inspektionsergebnissen (so der US-Wunsch) oder mit künftigen Kontroll-Möglichkeiten befassen solle. Der Streit darum, ob in der Irak-Frage altes Versagen oder neue Chancen zentral sind, blieb ungelöst. Als Abschiedsgeschenk verteilte Pleuger dann an alle Mitglieder Zeiss-Ferngläser mit dem Wunsch, die Instrumente sollten „mehr Weitblick“ ermöglichen. Amerikaner und Briten sollen nicht erfreut gewesen sein.

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