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Politik: Mitarbeiter mit geschützt?

Laut Grundgesetz dürfen Abgeordnetenbüros nicht durchsucht werden. Nun urteilt Karlsruhe, ob auch die ihrer Helfer tabu sind

Gilt der Schutz eines Bundestagsabgeordneten vor polizeilichen Durchsuchungen seines Büros auch für seine Mitarbeiter? Diese Frage muss das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entscheiden, das am Dienstag über die Verfassungsbeschwerde zahlreicher SPD-Bundestagsabgeordneter verhandelt hat. Das Urteil des Zweiten Senats wird im Frühjahr erwartet.

Im Mai 2000 hatte die „Süddeutsche Zeitung“ im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre von Behinderungen der Augsburger Staatsanwaltschaft durch das bayerische Justizministerium berichtet. Das Blatt berief sich auf Handakten der Staatsanwaltschaft. Diese lagen damals dem Berliner Parteispenden-Untersuchungsausschuss vor, ihr Inhalt galt als „vertraulich". Wegen Geheimnisverrats leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein. In Verdacht geriet ein Mitarbeiter des SPD-Obmannes im Bundestagsausschuss, Frank Hofmann.

Nachdem die Staatsanwaltschaft einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts München erwirkt hatte, wurden im Februar 2001 sowohl die Büro- als auch die Privaträume des Mitarbeiters durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hatte die Durchsuchungen im Bundestag genehmigt. Der Abgeordnete Frank Hofmann und zwölf weitere SPD-Abgeordnete reichten deshalb in Karlsruhe Organklage ein und erhoben außerdem Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung. „Wir sind der Auffassung, dass der Präsident hier vorschnell und zu pauschal genehmigt hat“, sagte Anwalt Gunter Widmaier.

Nach dem Grundgesetz dürfen die Büroräume von Bundestagsabgeordneten nicht durchsucht und ihre Unterlagen nicht beschlagnahmt werden. Allerdings entfällt der Schutz, wenn gegen einen Abgeordneten strafrechtlich ermittelt wird. Im konkreten Fall war jedoch kein Abgeordneter, sondern ein Mitarbeiter der Beschuldigte. Die klagenden Volksvertreter argumentieren, dass kein Abgeordneter arbeiten könne, ohne Unterlagen mit seinem Mitarbeiter auszutauschen. Habe die Staatsanwaltschaft aber auf diese Unterlagen Zugriff, werde damit der Schutz des Abgeordneten untergraben. Die Unterlagen des Abgeordneten Hofmann hätten sich quasi nur in Gewahrsam des Mitarbeiters befunden, eine Beschlagnahme sei deshalb ausgeschlossen. Der Vertreter des bayerischen Justizministeriums, Manfred Markwart, betonte dagegen die Notwendigkeit einer effektiven Strafverfolgung.

Die Richterbank stellte am Dienstag kritische Fragen an die klagenden Abgeordneten. So wollte Vizepräsident Winfried Hassemer wissen, ob ein beschuldigter Mitarbeiter stärker vor Durchsuchungen geschützt sei als ein beschuldigter Abgeordneter. Wenn sich der Schutz vor Beschlagnahme auch auf einen Mitarbeiter erstrecke, müsse doch umgekehrt gefragt werden, ob sich der Abgeordnete dann nicht die Ermittlungen gegen seinen Mitarbeiter zurechnen lassen müsse.

Die beschlagnahmten Unterlagen befinden sich übrigens bis zum Karlsruher Urteil im Berliner Bundestag unter Verschluss. (AZ: 2 BvR 508/01 und 2 BvE 1/01).

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