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Mittelamerika: Militärputsch in Honduras

Präsident und Chavez-Freund Zelaya wollte Referendum für weitere Amtszeit - da ermächtigte das Oberste Gericht die Streitkräfte, einzugreifen.

Seit Tagen lag der Putsch in der Luft, am Sonntag machte das Militär in Honduras ernst: Es stürmte die Präsidentenresidenz und nahm Staatschef Manuel Zelaya fest. Später wurde der Staatschef nach Costa Rica ausgeflogen, wie Medien des Nachbarlandes berichteten. Hintergrund des Konflikts ist Zelayas Absicht, per Plebiszit die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung durchzusetzen, die eine Wiederwahl des Präsidenten ermöglichen soll. Dies ist in Honduras derzeit nicht möglich, Zelayas Mandat läuft daher im Januar 2010 aus. Das Referendum sollte am Sonntag abgehalten werden. Das Oberste Gericht ermächtigte indes die Streitkräfte, vorher einzugreifen. Der Kongress erklärte den Präsidenten später praktisch für abgesetzt.

Erst am Dienstag hatte das Parlament ein Gesetz verabschiedet, wonach Volksbefragungen sechs Monate vor und nach Wahlen nicht erlaubt sind – und in Honduras sind für den 29. November allgemeine Neuwahlen anberaumt. Der Oberste Gerichtshof des mittelamerikanischen Landes, das Wahlgericht und die Staatsanwaltschaft hatten die Volksbefragung ebenfalls für illegal erklärt. Zelaya entgegnete, er als Staatschef habe das Recht, das Volk zu befragen.

In der Hauptstadt Tegucigalpa herrschte seither eine spannungsgeladene Atmosphäre. Das Militär patrouillierte auf den Straßen, um Ausschreitungen zu verhindern. Die Bevölkerung deckte sich mit Lebensmitteln ein. Die meisten Geschäfte machten bereits am Mittag zu. Am Mittwoch hatte Zelaya den Armeechef des Landes, Romeo Vásquez, entlassen. Doch der Oberste Gerichtshof ordnete am Donnerstag an, ihn wieder einzusetzen. Begleitet von hunderten seiner Unterstützer drang der Präsident darauf in eine Militärbasis ein, um dort Wahlmaterial sicherzustellen, das kurz zuvor aus Venezuela eingeflogen worden war. „Das Referendum wird nicht gestoppt“, verkündete Zelaya. Zelaya, ein wohlhabender Gutsbesitzer und Holzhändler, regiert seit fast vier Jahren und war mit der konservativen Plattform der Liberalen Partei angetreten, hatte sich aber bald ins Fahrwasser des linkspopulistischen venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez begeben. Ihm zufolge soll die Verfassung geändert werden, damit „die Demokratie nicht nur in der Hand einiger weniger einflussreicher Gruppen bleibt“. Das Referendum sei auch nötig, um die Armut zu bekämpfen, in der 70 Prozent der Honduraner leben.

Zelayas Gegner werfen ihm vor, eine sozialistische Diktatur nach dem Vorbild Kubas und Venezuelas errichten zu wollen. In Venezuela setzte Chavez im zweiten Anlauf per Plebiszit ebenfalls seine unbegrenzte Wiederwahlmöglichkeit durch. Chavez hatte schon vor Tagen vor einem Staatsstreich „der Oligarchie“ in Honduras gewarnt. „Es lebe das Volk, nieder mit der Bourgeoisie“, feuerte er Zelaya an.

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