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In Paris ist die erste Ausgabe von "Charlie Hebdo" nach dem Anschlag trotz Nachlieferungen schon wieder fast ausverkauft.

© dpa

Mohammed-Karikatur: Protest gegen "Charlie Hebdo" in immer mehr muslimischen Ländern

Bei einer Anti-Terror-Razzia in Belgien hat es zwei Tote gegeben. Gegen die "Charlie Hebdo"-Ausgabe regt sich immer mehr Protest. Lesen die Ereignisse vom Donnerstag noch einmal bei uns im Liveticker nach.

Dieser Donnerstag in Europa wurde wieder bestimmt durch den Terror: In Belgien sterben zwei Terrorverdächtige. Im Bundestag geht es um die Konsequenzen aus den Terroranschlägen in Frankreich auf "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt, bei denen Terroristen 17 Menschen getötet hatten. Und Angela Merkel stellt sich in ihrer Regierungserklärung vor die Muslime in Deutschland. Lesen Sie die Geschehnisse des Tages in unserem Liveticker nach.

23:30 Uhr: Ende des Livetickers

Für heute beenden wir unseren Liveticker. Lesen Sie morgen wieder alle Neuigkeiten auf tagesspiegel.de.

23:00 Uhr: Belgien - eine Hochburg der Dschihadisten

Wieso kommen so viele Dschihadisten aus dem vergleichsweise kleinen europäischen Land? Lesen Sie hier mehr darüber.

22:40 Uhr: Protest gegen "Charlie" in immer mehr muslimischen Ländern
In immer mehr muslimischen Ländern regt sich Protest gegen die Mohammed-Karikatur der neuen "Charlie Hebdo"-Ausgabe. In der syrischen Rebellenhochburg Aleppo verbrannten Demonstranten am Donnerstag "Je suis Charlie"-Poster, wie ein AFP-Korrespondent beobachtete. Dutzende Menschen zogen durch den vom Bürgerkrieg verwüsteten Bezirk Salaheddin und warfen den Zeichnern der Satire-Zeitung vor, mit ihrer ersten
Ausgabe nach den Anschlägen in Paris Muslime weltweit zu provozieren.

In Kuwait-Stadt protestierten dutzende Islamisten vor der französischen Botschaft. In Bannern in mehreren Sprachen verurteilten auch sie die am Mittwoch erschienene Ausgabe, auf deren Titelblatt ein weinender Mohammed mit einem "Je suis Charlie"-Schild gezeichnet ist. Die Botschaft wurde von Sicherheitskräften geschützt, die Menge löste sich schließlich friedlich auf. Die kuwaitische Regierung hat die Anschläge auf die Redaktion scharf verurteilt.

Die marokkanische Regierung verurteilte am Donnerstag zwar auch die "Terroranschläge", aber auch die neuen Charlie-Karikaturen. Kommunikationsminister Mustapha El Khalfi sprach von einem "Angriff auf die muslimische Religion, ihre Symbole und ihren Propheten". Alle Zeitungen, die die neuen Zeichnungen nachdruckten, würden verboten.

Die Regierung von Niger verbot am Donnerstag die Verbreitung von "Charlie Hebdo" und verurteilte "aufs Schärfste" die neue Mohammed-Karikatur auf der Titelseite. Präsident Mahamadou Issoufou hatte sich am 11. Januar mit fünf weiteren afrikanischen Kollegen in den "Charlie"-Gedenkmarsch zahlreicher Staats- und Regierungschefs in Paris eingereiht.

Kritik oder Proteste gegen "Charlie Hebdo" und Verbote für Medien, die die Karikaturen nachdruckten, gab es zuvor unter anderem bereits in der Türkei, in Jordanien, im Senegal, im Sudan und in Afghanistan.

22:00 Uhr: Suche nach Terroristen geht weiter

Die Sicherheitskräfte in Verviers setzen ihre Suche nach weiteren mutmaßlichen Terroristen fort. Polizisten seien im Stadtzentrum unweit des ersten Einsatzortes in ein Haus eingedrungen, berichtete die Nachrichtenagentur Belga.

21:55 Uhr: Tatort abgesperrt

Am Abend ist die Straße weiter abgesperrt. Zwei schwer bewaffnete Polizisten verwehren Passanten den Zugang.

21:50 Uhr: Neue Details erst morgen

Die belgische Staatsanwaltschaft will sich an diesem Freitag um 11.00 Uhr wieder äußern.

21:40 Uhr: Razzia im Südwesten Deutschlands

Auch in Pforzheim hat die Polizei am Morgen bei einer Razzia die Wohnungen mutmaßlicher Islamisten durchsucht. Vier terrorverdächtige Tschetschenen wurden dagegen bei Hornbach in der Pfalz an der Einreise nach Deutschland gehindert. Lesen Sie hier mehr darüber.

20:50 Uhr: Belgien droht ein Terroranschlag

Die Sicherheitskräfte griffen parallel an mehreren Orten zu, auch in Brüssel und in Vilvoorde nördlich der Hauptstadt. Es drohte laut Staatsanwaltschaft ein Terroranschlag in Belgien. In Verviers hätten die Verdächtigen das Feuer auf die Polizisten eröffnet, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Medien hatten zunächst von drei Toten in Verviers gesprochen. Für ganz Belgien wurde die Terrorwarnstufe von zwei auf drei heraufgesetzt. Die Skala hat insgesamt vier Stufen, vier ist der Maximalwert.

20:45 Uhr: Ermittler nehmen Terrorverdächtigen in Wolfsburg fest

LKA-Beamte haben einen 26 Jahre alten Terrorverdächtigen in Wolfsburg festgenommen. Der Deutsch-Tunesier soll sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben. Lesen Sie hier mehr darüber.

20:30 Uhr: Zwei Tote und ein Verletzter

Bei der Anti-Terroraktion im ostbelgischen Verviers gegen Syrien-Heimkehrer hat es zwei Tote gegeben, ein Mensch wurde verletzt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Eric van der Sypt, am Donnerstag in Brüssel. Kein Polizist sei unter den Opfern.

20:10 Uhr: Bewaffneter Mann in der Brüsseler U-Bahn

Ein bewaffneter Mann soll in einer Brüsseler U-Bahn-Haltestelle religiöse Parolen in Arabisch und Französisch skandiert haben. Der Mann sei flüchtig, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga. Der Vorfall ereignete sich in der Station „Ribaucourt“ im Stadtbezirk Molenbeek. Ob es einen Zusammenhang mit dem Anti-Terroreinsatz in Verviers gibt, bleibt zunächst offen.

19:40 Uhr: Belgische Terroristen sollen Syrien-Heimkehrer sein

Die Anti-Terroraktion im ostbelgischen Verviers hat sich nach Medien-Informationen gegen Syrien-Heimkehrer gerichtet. Sie seien vor kurzer Zeit aus dem Nahen Osten zurückgekommen und von den Sicherheitsbehörden überwacht worden. In der Stadt gebe bis zu zehn Personen, die in Syrien gewesen seien, berichtete der belgische TV-Sender RTL-Info. Die Identität der drei Toten stehe bisher nicht fest.

19:00 Uhr: Pressekonferenz um 20 Uhr

Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Informationen der Medien auf dpa-Anfrage nicht. Ein Sprecher kündigte aber eine Pressekonferenz für 20.00 Uhr in Brüssel an. Die Polizei ging in der Rue de la Colline unweit des Bahnhofs im Stadtzentrum von Verviers gegen die mutmaßliche Terroristengruppe vor, berichteten Medien. In dem Gebäude habe es früher eine Bäckerei gegeben. Es gab Schüsse aus automatischen Waffen und mehrere Explosionen, berichteten Augenzeugen. Das Areal sei weiträumig abgesperrt worden. Nach Informationen von RTBF gibt es weitere Einsätze in Belgien. Details blieben zunächst offen. Laut Sender begann der Einsatz in Verviers um 17.45 Uhr. In Europa sind die Behörden seit dem islamistischen Anschlag auf die französische Satirezeitung “Charlie Hebdo“ besonders wachsam. Über die genauen Hintergründe des Vorfalls in Verviers war zunächst nichts weiteres bekannt.

18:50 Uhr: Tote bei Anti-Terror-Razzia in Belgien

Bei einer Anti-Terroraktion im ostbelgischen Verviers hat es nach Informationen des öffentlichen belgischen Senders RTBF drei Tote gegeben. Mehrere Personen seien festgenommen worden.

17:00 Uhr: „Charlie Hebdo“-Zeichner kritisiert Vermarktung

Was in Paris als Welle der Solidarität begann, wurde innerhalb kürzester Zeit auch zu einem Geschäft. Im Angebot: Bedruckte T-Shirts, die beim großen Solidaritätsmarsch am Sonntag dankbare Abnehmer fanden, Tassen, Stoffbeutel und Buttons mit der Aufschrift „Je suis Charlie“. Und sogar Babys und Vierbeiner dürfen sich ungefragt zu „Charlie“ bekennen. Einen Strampler gibt es bereits ab 14,50 Euro, das Hundehalsband für 8,90 Euro.

Eine Vermarktung, die dem ein oder anderen überzogen vorkommen mag. „Wir kotzen auf all diese Leute, die auf einmal unsere Freunde sein wollen“, formuliert es „Charlie Hebdo“-Zeichner Barnard Holtrop und zielt damit auch auf diejenigen ab, die dem Blatt vorher eher kritisch gegenüberstanden. Wie man es allerdings auch machen kann, zeigt die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen: Auch sie verkauft T-Shirts mit „Charlie“-Aufdruck. Die Erlöse gehen hier allerdings an die Redaktion des Satiremagazins.

16:35 Uhr: „Held von Paris“ bekommt französische Staatsbürgerschaft

Der nach den Terrorattacken als „Held von Paris“ gefeierte Lassana Bathily bekommt die französische Staatsbürgerschaft. Der 24 Jahre alte Flüchtling aus Mali hatte während der Geiselnahme in einem koscheren Supermarkt im Pariser Osten mehrere Kunden vor dem Terroristen Amedy Coulibaly versteckt.

Innenminister Bernard Cazeneuve wird ihm nach Angaben seines Ministeriums vom Donnerstag in der kommenden Woche die Staatsbürgerschaft verleihen. Bathily lebt seit 2006 in Frankreich und will seit dem vergangenen Jahr Franzose werden.

Als der Geiselnehmer Coulibaly am vergangenen Freitag in den Supermarkt eindrang, flüchten einige Kunden im hinteren Bereich des Geschäfts rasch in den Keller. Dort trafen sie Bathily, der in dem Laden arbeitete. Der praktizierende Muslim betete gerade. Als er Schüsse hörte, versteckte der junge Mann die Gruppe im Kühlraum des Ladens und betreute die Menschen dort.

15:25 Uhr: Türkischer Premier Davutoglu vergleicht Benjamin Netanjahu mit Attentäter von Paris

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu mit den islamistischen Attentätern von Paris verglichen. "Genau wie diese Terroristen hat auch Netanjahu Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen", sagte Davutoglu nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag in Ankara. Netanjahu habe Kinder im Gazastreifen bombardieren, Tausende Häuser zerstören und viele Palästinenser töten lassen. Die neue Mohammed-Karikatur von "Charlie Hebdo" nannte Davutoglu eine "Provokation".

14:49 Uhr: Senegal verbietet "Charlie Hebdo" und "Libération"

Im westafrikanischen Senegal hat Innenminister Abdoulaye Daouda Diallo auf Anweisung von Präsident Macky Sall die Auslieferung der neuen Ausgabe von "Charlie Hebdo" verboten. Auf deren Titel ist ein vom Karikaturisten "Luz" gezeichneter Mohammed zu sehen, der weint und sagt "Je suis Charlie". Darüber steht: Alles ist vergeben. Betroffen vom Verbot ist auch die "Libération". Die Pariser Tageszeitung, die seit dem Terroranschlag die Überlebenden von "Charlie Hebdo" beherbergt, zeigte auf ihrem Titel am Mittwoch die Mohammed-Karikatur.

Senegals Präsident Sall hatte am vergangenen Sonntag am Schweigemarsch in Paris teilgenommen. Er war dafür im Senegal kritisiert worden. Zeitungen und Internetdienste sahen in der Teilnahme einen Freibrief für Gotteslästerung, andere eine Unterwerfung unter die ehemalige Kolonialmacht Frankreich. Er sei gegen jegliche Gewalt, reagierte Sall nun, wie die Nachrichtenagentur EPD berichtet. Das sei der Grund für seine Teilnahme in Paris gewesen. Aber für ihn bedeute der Respekt der Laizität auch die Achtung des Glaubens eines jeden Menschen. Die Mittwochsnummer von "Charlie Hebdo" und die von "Libération" seien beleidigend für den Islam. Von den rund 13 Millionen Senegalesen sind 94 Prozent Muslime. Die fünf Prozent Christen leben in Senegal friedlich mit ihren muslimischen Nachbarn. Das Land ist bekannt für seine religiöse Toleranz.

14:19 Uhr: Papst sieht Grenzen der Meinungsfreiheit

Papst Franziskus hat sich angesichts der Anschläge von Paris in der Debatte über Mohammed-Karikaturen dagegen gewandt, Andersgläubige zu provozieren. Die Meinungsfreiheit sei ein Grundrecht, sagte er am Donnerstag auf dem Flug auf die Philippinen vor Journalisten. Aber es gebe Grenzen, denn "jede Religion hat ihre Würde".

"Wir dürfen nicht provozieren, wir dürfen den Glauben anderer nicht beleidigen, wir dürfen uns darüber nicht lustig machen", mahnte Franziskus. Zugleich verurteilte er erneut die brutalen Attentate: Im Namen Gottes zu töten sei "eine Verirrung".

Am Donnerstag wird der Sarg des Karikaturisten Bernard "Tignous" Verlhac in Montreuil nahe Paris zum Grab getragen.
Am Donnerstag wird der Sarg des Karikaturisten Bernard "Tignous" Verlhac in Montreuil nahe Paris zum Grab getragen.

© AFP

13:59 Uhr: Islamverband ruft zu Mahnwachen vor Medienhäusern auf

Die Türkisch-Islamische Union (Ditib) will als Reaktion auf den Terroranschlag auf „Charlie Hebdo“ bundesweit Mahnwachen vor Medienhäusern abhalten. „Auch wir Muslime sind verantwortlich für die Freiheiten und Werte unsere Gesellschaft“, sagte der Ditib-Vorsitzende Nevzat Yasar Asikoglu am Donnerstag in Köln. Deshalb sollten Muslime am Freitag nach dem islamischen Mittagsgebet Solidaritätsbesuche in Dutzenden von Zeitungsredaktionen und Fernsehsendern machen.

13:14 Uhr: Durchsuchungen bei Islamisten in Pforzheim

LKA-Beamte haben am Donnerstagmorgen in Pforzheim mehrere Wohnungen von Islamisten durchsucht. Einen entsprechenden Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Gegen die Verdächtigen werde wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Es seien Beweismittel beschlagnahmt worden. Es gab aber keine Festnahmen.

12:33 Uhr: Francois Hollande: "Muslime sind erste Opfer von Fundamentalismus"

Frankreichs Präsident François Hollande hat auf die gleichen Rechte und Pflichten von Muslimen in Frankreich hingewiesen. "Muslime sind die ersten Opfer von Fanatismus, Fundamentalismus und Intoleranz", sagte Hollande in Paris mit Blick auf die große Zahl in Frankreich lebender Muslime. Der Islam sei mit der Demokratie vereinbar und das laizistische Frankreich sichere den Respekt für alle Religionen. Frankreich sei aber auch ein Land mit Regeln, Prinzipien und Werten. "Darunter gibt es Werte, die nicht verhandelbar sind und es auch nie sein werden, wie Freiheit und Demokratie", sagte Hollande bei einem Besuch im Institut der Arabischen Welt in Paris. So wie Frankreich Muslime schütze und achte, müssten diese auch das Land respektieren.

11:34 Uhr: Rumänische Kirchzeitung von Islamisten gehackt

Hacker haben eine gegen Frankreich gerichtete islamistische Botschaft auf die Webseite der rumänisch-orthodoxen Kirchenzeitung "Lumina" gesetzt. Eine Anti-Terror-Einheit der Polizei untersuche den Fall, bestätigte das Patriarchat am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Am Mittwochabend war auf der Homepage von "Lumina" auf Französisch unter der Überschrift "Es gibt keinen Gott außer Allah und  Mohammed ist der Gesandte von Allah" ein aus vier Sätzen bestehender Text erschienen. Darin wird Frankreichs jüngstes Vorgehen in Mali kritisiert sowie jenes im Algerien-Krieg Mitte des 20. Jahrhunderts. "Heute habt ihr die Grenze überschritten", heißt es, ohne genauen Bezug. Als Autor der Botschaft wird  "FallaGa Team, Tunisian Cyber Resistance" angegeben. Die Hacker nennen sich selbst "darkshadow" und "xWARRIORtn".

11:23 Uhr: Die vielen Stimmen des deutschen Islam

Angela Merkel hat in ihrer Regierungserklärung die islamischen Geistlichen aufgefordert, Stellung zu beziehen, wenn es um die Frage geht, wie sich Terroristen bei ihren Taten immer wieder auf den Islam beziehen. Aber wer sind "die islamischen Geistlichen"? Wer kann für den Islam sprechen? Allein schon nur für Deutschland ist diese Frage nicht so leicht zu beantworten, immerhin gibt es hierzulande rund 2300 muslimische Gemeinden. Mehr zu den konkurrierenden Verbänden und deren unterschiedlichem Einfluss lesen Sie hier.

10:59 Uhr: Türkischer Premier Davutoglu kritisiert "Charlie Hebdo"

Nach der Veröffentlichung des "Charlie Hebdo"- Titelbilds in der Türkei hat Ministerpräsident Ahmet Davutoglu den Abdruck von Mohammed-Karikaturen verurteilt. "Pressefreiheit bedeutet nicht die Freiheit zur Beleidigung", sagte Davutoglu nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag in Ankara vor seiner Reise nach Brüssel. Insbesondere wenn es den Propheten betreffe, könne man das nicht als Pressefreiheit betrachten. "In diesem Land erlauben wir keine Beleidigung des heiligen Propheten. Das ist eine sehr klare und grundsätzliche Haltung." Davutoglu erklärte weiter, in der Türkei herrsche eine große Sensibilität bezüglich des Themas. Unter diesen Umständen eine den Propheten beleidigende Karikatur zu veröffentlichen, sei eine Provokation.

Die linksnationalistische Zeitung "Cumhuriyet" hatte am Mittwoch in ihrer Druckausgabe unter anderem das "Charlie Hebdo"-Titelbild, das einen weinenden Mohammed zeigt, klein über zwei Kolumnen abgedruckt. Ein Gericht ordnete am Mittwoch zudem die Sperrung von vier Internetseiten an, auf denen das Titelbild abrufbar war. Der Gerichtsbeschluss betrifft unter anderem das unabhängige Internetportal T24. Am Donnerstagmorgen konnten Nutzer in der Türkei die betreffende Seite jedoch noch immer abrufen.

10:15 Uhr: Gregor Gysi: Westen Mitschuld am islamistischen Terror

In der Debatte über die Regierungserklärung gibt Linksfraktionschef Gregor Gysi dem Westen eine Mitschuld an der Entstehung des islamistischen Terrorismus. "Al-Qaida und Islamischer Staat waren auch die Folge und Produkte von Militärinterventionen", sagte er.

09:20 Uhr: Merkel: "Jede Ausgrenzung von Muslimen verbietet sich"

Nachdem Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) seine Rolle als Gastgeber weidlich genutzt und eine eigene längere Ansprache gehalten hat, tritt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ans Pult und beginnt mit ihrer Regierungserklärung. Der Kanzlerin ist es wichtig, die enge Verbundenheit und besondere Freundschaft Deutschlands mit Frankreich darzustellen. Und: "Es gibt auch bei uns (in Deutschland) keine Sicherheit, wenn es sie in Frankreich nicht gibt".

Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag.
Angela Merkel bei ihrer Regierungserklärung am Donnerstag im Bundestag.

© dpa

In ihrer Rede wird die Kanzlerin als erstes klarmachen, dass es Terror schon lange gegeben hat, dass dieser "nicht erst mit 9/11 in die Welt gekommen und auch nicht einfach wieder verschwinden wird". Nein, mitnichten, Terror gab es auch in Deutschland in den Konzentrationslagern und durch die Taten des NSU, zählt sie auf, ebenso wie durch die Ermordung von Martin Luther King, die tödlichen Schüsse auf einen Soldaten vor dem Parlament in Ottawa oder der Massenmord an mehr als hundert Schülern in Pakistan vor kurzem. Sie wolle "keine vollständige Aufzählung" liefern, sagt Merkel, und verweißt dann doch noch auf Israel, Irak, Syrien oder Nigeria, wo sich der Terror täglich Bahn bricht.

Damit hat Merkel die Tonalität gesetzt, die ihre Rede bestimmt: Terror ist kein islamisches Phänomen, ist nicht religiös basiert. Und: Was bedeutet dies für die demokratischen Gesellschaften, was setzen Demokratien diesen Taten entgegen. Für die Kanzlerin sind es die ersten fünf Artikel des Grundgesetzes. Sie, darunter eben auch die Meinungs- und Pressefreiheit, - gehören für sie "zu den größten Schätzen unserer Gesellschaft". Dafür applaudiert dann auch das gesamte Haus. "Bürger sein und nicht Untertan", sagt Merkel, gibt es doch "nur mit einer freien Presse und freiem Zugang zu Information".

"Freiheit und Toleranz", das sind für die Kanzlerin "anspruchsvolle Tugenden und keine Anspruchslosigkeit". "Freiheit und Toleranz haben kein Verständnis für Extremismus und Antisemitismus, wenn sie sich nicht vor Intoleranz schützen. Die Scharia steht auch nicht über dem Grundgesetz", fährt sie fort und kommt damit zu dem Punkt, der vermutlich die allermeisten Menschen interessiert: Wie geht es weiter in Deutschland angesichts terroristischer Bedrohung einerseits und rechtsextremer Agitation andererseits?

Merkel gibt folgende Antwort: Deutschland lässt sich nicht spalten, es gibt keinen Platz für Antisemiten genau so wenig wie für Angriffe auf Moscheen und Muslime. "Jede Ausgrenzung von Muslimen, jeder Generalverdacht verbietet sich. Als Bundeskanzlerin nehme ich Muslime in unserem Land davor in Schutz. Die allermeisten Muslime sind rechtschaffene, verfassungstreue Bürger." Den Islam kann jeder im Rahmen der Verfassung frei ausüben, Gewalt werden mit der "ganzen Entschlossenheit des Rechtsstaates bekämpft.

Was rechtliche Schritte betrifft, zählt Merkel mehrer Maßnahmen auf, was den Streit um die Vorratsdatenspeicherung mit der SPD betrifft, wird klar: Merkel will jetzt möglichst rasch die entsprechende EU-Richtlinie vorantreiben, um dann auch ein deutsches Gesetz zu erlassen. Das gefällt vor allem den Grünen überhaupt nicht.

Zum Schluss wird Merkel noch einmal ungewöhnlich persönlich: Terroristen sagt sie, würden behaupten, sie wollten den Westen oder ein System treffen. "Auslöser dafür soll eine misslungene Kindheit sein? Oder Religion? Nein, das überzeugt mich nicht", sagt die Kanzlerin. Jeder, der schießt, weiß, dass er Unschuldige trifft und trifft dazu eine persönliche Entscheidung, für die er verantwortlich ist. Das hat nichts mit Kindheit, nichts mit Religion zu tun." Möglicherweise habe es mit einer sehr speziellen Auslegung von Religion zu tun, so Merkel. Aber diese Anmaßung, im Name Gottes über das Leben anderer Menschen verfügen zu können, "das ist für mich Gotteslästerung", sagt Merkel.

Dann zitiert sie noch einmal den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff mit den Worten, dass der "Islam inzwischen auch zu Deutschland" gehört, ebenso wie Christentum und Judentum. Für diejenigen Menschen, die fragen, welcher Islam gemeint ist, wenn sie diesen Gedanken zitiere, zeigt sie zugleich Verständnis, wenn diese fragen, wie man dem Satz noch folgen kann, dass die Mörder nichts mit dem Islam zu tun haben sollen. Einer Klärung dieser Frage "durch Geistlichkeit des Islam" könne "nicht länger ausgewichen werden".

Als Gegenentwurf zum Terrorismus sei nur die Demokratie möglich: Das Lebensprinzip der Gemeinsamkeit in einer Gesellschaft, und das Gefühl, zusammen zu stehen und gebraucht zu werden.

09:18 Uhr: Stummes Gedenken an die Toten

Die Abgeordneten im Bundestag stehen auf, um der Opfer von Paris zu Gedenken. Und setzen sich sofort wieder hin. Eine Minute war das nicht, möglicherweise war Norbert Lammert in seiner Ansprache etwas zu lang.

09:03 Uhr:

Im Bundestag haben sich auch Repräsentanten aller Religionen auf den Besucherrängen eingefunden, um der Regierungserklärung von Angela Merkel zuzuhören. Zunächst aber spricht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Er würdigt die Opfer der Anschläge von Paris und sagt, der Anschlag "galt der Freiheit der Meinung und der Presse. Er war ein demonstrativer Angriff auf die freie und offene Gesellschaft, auf unsere Überzeugungen und unsere Werte." Und: "Nous sommes tous Charlie - wir alle sind gemeint. Und wir lassen uns nicht einschüchtern." Dafür bekommt Lammert Applaus aus allen Fraktionen.

Lammert betont auch, dass der "Gegner nicht der Islam, nicht die Religion" sei, "sondern Fundamentalismus", wofür wieder das ganze Haus klatscht. Allerdings, sagt er, "würde auch im Namen Gottes gegen Mindeststandards der Menschlichkeit verstoßen". Er verweist auf Saudi-Arabien, dass die Taten von Paris scharf kritisiert habe, dann aber zwei Tage später den Blogger Raif Badawi habe auspeitschen lassen - "wegen Beleidigung des Islam".

Die gut gemeinte Erklärung, man dürfe Islam nicht mit Islamismus verwechseln, reiche nicht aus und sei "auch nicht wahr", sagt Lammert. Ebenso wenig wie die "beschwichtigende Behauptung, die Kreuzzüge hätten nichts mit dem Christentum zu tun". Ganz anders argumentierte hier zum Beispiel der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh im Tagesspiegel. Seinen Beitrag lesen Sie hier.

09:02 Uhr: Aufregung um angefahrene Polizistin vor dem Elyseè-Palast

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ist in Paris eine Polizistin in der Nähe des Élysée-Palast, dem Amtssitz des französischen Präsidenten, umgefahren worden. Erste Berichte sprachen von einer absichtlichen Tat. Zwei Verdächtige wurden demnach festgenommen. Späteren Medienberichten zufolge handelt es sich aber um einen normalen Unfall. Der Vorgang zeigt, wie sensibel jedes Ereignis vor der Folie der jüngsten Ereignisse gesehen wird. Eine Polizistin hatte dem Radiosender Europe 1 gesagt, der Fahrer des Wagens habe vor der Polizistin angehalten, und sei dann plötzlich auf sie zugerast. "Sie fiel zuerst auf die Kühlerhaube, und dann auf den Boden."

08: 52 Uhr: Barack Obama und David Cameron: "Wir werden diese barbarischen Mörder besiegen"

Großbritannien und die USA haben nach den Anschlägen in Paris ihren Willen zu einem gemeinsamen Kampf gegen islamischen Extremismus bekräftigt. "Wir werden weiterhin zusammenstehen gegen diejenigen, die unsere Werte und Lebensweise bedrohen", schrieben US-Präsident Barack Obama und der britische Premier David Cameron in einem am Donnerstag in der britischen Zeitung "The Times" veröffentlichten Text. "Wir werden diese barbarischen Mörder besiegen und auch ihre gestörte Ideologie, mit der sie die Ermordung Unschuldiger rechtfertigen."

Der Artikel erschien aus Anlass des bevorstehenden Besuchs Camerons bei Obama in Washington am Freitag. Sie wollen vor allem über das Handelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU beraten. Die Verhandlungen sind wegen anhaltender Differenzen über Klagerechte von Investoren gegen Staaten ins Stocken geraten. Sicherheit sei auch zum Erhalt wirtschaftlicher Stärke notwendig, schrieben Cameron und Obama in der "Times". Deshalb würden beide Staaten beim Kampf gegen den Terrorismus zusammenarbeiten. Nach den Anschlägen in Paris habe "die Welt mit einer Stimme geantwortet", schrieben sie mit Blick auf die Welle von Solidaritätsbekundungen.

08:44 Uhr: Wie weiter mit der Vorratsdatenspeicherung?

Wenn am Donnerstagvormittag im Bundestag der Anschläge von Paris gedacht wird, werden auch die Fraktionsvorsitzenden sprechen. Angela Merkel hat bereits in den Tagen zuvor eine klare Position bezogen und betont, dass "der Islam zu Deutschland gehört". In ihrer eigenen Partei ist sie damit nicht nur auf Zustimmung gestoßen. Strittig auch in der Regierungskoalition sind nach dem Attentat auf "Charlie Hebdo" unter anderem auch die sicherheitspolitischen Schritte, die ähnliche Anschläge in Deutschland verhindern helfen sollen. Die Union fordert eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, bei der systematisch Telefon- und Internetdaten erfasst werden. Justizminister Heiko Maas von der SPD lehnt dies ab.

07:31 Uhr: George Wolinski und Tignous werden beerdigt

Vor rund einer Woche ermordeten die Brüder Cherif und Said Kouachi viele Mitglieder der Redaktion von "Charlie Hebdo", darunter einige der bekannten Karikaturisten Frankreichs. Am heutigen Donnerstag werden der Zeichner Georges Wolinski auf dem Pariser Friedhof Montparnasse und der unter dem Pseudonym Tignous karikierende Bernard Verlhac auf dem berühmten Friedhof Père Lachaise beerdigt.

06:45 Uhr: "Charlie Hebdo" schon wieder ausverkauft

Der Ansturm auf die erste Ausgabe des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" nach dem Terroranschlag von Paris setzt sich fort. Auch am Donnerstagmorgen war das Blatt schon am frühen Morgen ausverkauft. "Ich hatte 50 Exemplare; die waren um halb sieben nach zehn Minuten weg", sagte ein Kioskbesitzer im Osten der Stadt nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt, wo in der vergangenen Woche zwölf Menschen getötet worden waren. Bereits am ersten Erscheinungstag am Mittwoch war "Charlie Hebdo" an den meisten Verkaufsstellen nach wenigen Minuten vergriffen gewesen. Um die riesige Nachfrage zu decken, soll das aktuelle Heft in einer Auflage von fünf Millionen Exemplaren gedruckt werden. Vor dem Anschlag lag die Auflage bei 60.000.

In der jüngsten Ausgabe machen sich die überlebenden Macher von "Charlie Hebdo" unter anderem über die islamistischen Terroristen lustig. Das 16-seitige Blatt soll international vertrieben werden. Der Inhalt wird ins Englische, Arabische und weitere Sprachen übersetzt. An Kiosken in Deutschland soll das Blatt spätestens am Wochenende in der Originalfassung erhältlich sein.

05:22 Uhr: Die Taliban nennen "Charlie Hebdo" "Feinde der Menschlichkeit"

Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, haben sich jetzt die ultra-islamistischen Taliban in Afghanistan zur neuesten Ausgabe von "Charlie Hebdo" geäußert - und die Mohammed-Karikaturen in einer Erklärung als "abstoßenden und menschenverachtenden" Vorgang bezeichnet. Sie betrachteten die "Täter" und alle, die die Veröffentlichung der Karikaturen erlaubt und unterstützt hätten, als "Feinde der Menschlichkeit". Mit dem Anschlag auf die Zeitung hätten die Attentäter die Verantwortlichen "zur Rechenschaft gezogen". Um den "Weltfrieden" nicht zu gefährden, dürften keine weiteren Karikaturen veröffentlicht werden.

Das Titelblatt der ersten Ausgabe der Zeitschrift seit dem islamistischen Angriff auf die Redaktion in Paris zeigte den weinenden Propheten Mohammed unter der Überschrift "Alles ist verziehen" und dem Schild "Ich bin Charlie". Islamische Institutionen und Staaten wie der Iran warfen dem Blatt Provokation und Beleidigung des Propheten vor.

Über den Inhalt der neuesten Ausgabe von "Charlie Hebdo" erfahren Sie mehr hier.

Und hier können Sie unseren Blog vom Mittwoch nachlesen.

In Paris ist die erste Ausgabe von "Charlie Hebdo" nach dem Anschlag trotz Nachlieferungen schon wieder fast ausverkauft.
In Paris ist die erste Ausgabe von "Charlie Hebdo" nach dem Anschlag trotz Nachlieferungen schon wieder fast ausverkauft.

© dpa

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