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Sonderheft. Mit Mohammeds Leben beschäftigt sich die aktuelle Ausgabe des Satiremagazins „Charlie Hebdo“.

© dpa

Mohammed-Karikaturen: Comic statt Koran

Das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ erzählt das Leben des Propheten Muhammad in Bildern. Das Blatt provoziert damit erneut Muslime in aller Welt.

„Charlie Hebdo“ kann es nicht lassen. Schon dreimal hat die satirische französische Wochenzeitung mit Karikaturen des Propheten Muhammad Aufsehen erregt und unter Muslimen zum Teil gewalttätige Reaktionen ausgelöst. Nun schlägt das Blatt wieder zu. Diesmal aber vorsichtiger. Es reißt keine Witze über den Propheten, mit denen es religiöse Gefühle von Muslimen verletzen könnte, sondern es erzählt „Das Leben Muhammads“ in einem Comic-Heft – gestützt auf islamische Quellen und damit, wie Chefredakteur Stéphane Charbonnier, genannt Charb, sagt, „völlig halal“.

Seit Mittwoch liegt das schon seit Tagen angekündigte Sonderheft vor. Es ist der erste Teil einer geplanten Serie, der „die Anfänge eines Propheten“ schildert: die Situation seiner Eltern Abdullah und Amina, seinen Geburtsort Mekka, sein Leben als Baby, seine Kindheit und Jugend, seine Hochzeit mit Khadschija, seine Reise und Kriege und sein Leben als Eremit in der Wüste. Der Band endet mit der Begegnung Muhammads mit dem Erzengel Gabriel.

Das alles stellt Charb als Zeichner mit seinen charakteristischen gelben Männchen auf 64 Seiten dar. Den Text dazu hat er zusammen mit einem Zineb genannten französisch-marokkanischen Religionssoziologen verfasst. Dem gingen laut Redaktion monatelange Recherchen voraus. Jede Geschichte, jede Anekdote, jeder Ausspruch fuße auf islamischen Autoren, die im Anhang in einer umfangreichen Bibliografie aufgeführt sind, schreibt Zineb im Vorwort.

Deren Authentizität, so fügt der Religionssoziologe hinzu, könne selbst von den rigorosesten islamischen Schriftgelehrten nicht infrage gestellt werden: „Entgegen dem Anschein handelt es sich um ein sehr seriöses Buch.“

Islamische Fundamentalisten werden das möglicherweise nicht so sehen. Denn präsentiert wird in den Bildgeschichten eben auch der Prophet. In ihren Augen könnte das Blatt damit, auch wenn es sich nicht um Karikaturen im eigentlichen Sinn, sondern um eine, wie Zineb schreibt, dem Satireblatt eigene metapherhafte Darstellung handelt, gegen ein Tabu des Islam verstoßen. Viele Rechtsgelehrte definieren ein Abbildungsverbot für den Propheten - auch wenn dies im Koran nicht festgeschrieben ist. „Wenn die Leute schockiert sein wollen, werden die schockiert sein“, sagte Chefredakteur Charb am Mittwoch: „So halal wie der Inhalt sind auch meine Bilder. Ich zeichne Muhammad so wie ich sonst auch meine Figuren zeichne. Muhammad war ein Mensch. Ich zeichne Menschen.“

Erste Reaktionen französischer Muslime fielen verhalten aus. Auch die französische Regierung hielt sich zurück. Im TV-Sender France 2 verwies die aus Marokko stammende französische Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem auf die herrschende Meinungsfreiheit, sagte aber, es sei nicht nötig, Öl ins Feuer zu gießen. Frankreich brauche ein Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und der Achtung der öffentlichen Ordnung.

Nach Ansicht der Organisation für islamische Kooperation (OIC) sollten sich Muslime von der Veröffentlichung nicht provozieren lassen. Der türkische Generalsekretär des in Saudi-Arabien beheimateten Verbandes, Ekmeleddin Ihsanoglu, riet seinen Glaubensbrüdern, „auf diese Aufwiegelung mit Zurückhaltung zu reagieren“. Noch vor Erscheinen der Sonderausgabe hatte es aus dem Iran Protest gegeben. „Wir verurteilen jegliche religiöse Beleidigung, insbesondere die des islamischen Propheten, und fordern juristische Schritte gegen die Karikaturisten“, sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast am Dienstag in Teheran.

Vor sieben Jahren hatte „Charlie Hebdo“ die Muhammad-Karikaturen der dänischen Zeitung „Jyllands Posten“ nachgedruckt und sich damit eine Klage der Großen Moschee von Paris und der Union der Islamischen Organisationen Frankreichs wegen Aufruf zum Rassenhass zugezogen, die vom Gericht aber abgewiesen wurde.

2011 war das Blatt Ziel eines Brandanschlags geworden, bei dem die Redaktionsräume verwüstet wurden. Es hatte nach dem Wahlsieg der Islamisten in Tunesien einen Bärtigen auf der Titelseite karikiert mit dem Ausspruch: „Hundert Peitschenhiebe, wenn sie nicht vor Lachen sterben.“ Im vergangenen September veröffentlichte die satirische Wochenzeitung nach dem Skandal um das amerikanische Schmäh-Video, das Muhammad als Frauenschänder darstellte, unter dem Titel „Die Unberührbaren“ neue Karikaturen, die von Islamisten als Beleidigung empfunden wurden. Chefredakteur Charb lebt seit 2011 unter Polizeischutz. (mit dpa)

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