zum Hauptinhalt

Mohammed-Karikaturen: Deutsche Vertretung in Gaza angegriffen

Aus Wut über die Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen haben am Samstag mehrere hundert wütende Palästinenser die deutsche Vertretung in Gaza-Stadt attackiert.

Gaza/Brüssel/New York - Augenzeugen berichteten am Samstag, Dutzende zum Teil maskierte junge Männer und Schüler hätten Steine auf die deutsche Vertretung geworfen, Scheiben eingeschlagen und Mobiliar zertrümmert. «Die deutsche Fahne wurde abgerissen und angezündet», sagte ein Nachbar. Erst Verstärkung der Polizei brachte die aufgebrachte Menge unter Kontrolle.

Die EU-Kommission forderte die Palästinenserbehörde auf, für einen angemessenen Schutz europäischer Einrichtungen zu sorgen. Man bedauere, dass Europäer, die für ein besseres Leben der Palästinenser arbeiteten, in dieser Weise angegriffen würden, hieß es aus Brüssel weiter. Die Demonstranten seien in den Garten des EU-Gebäudes eingedrungen. Sie hätten Scheiben und andere Dinge zerschlagen und die EU-Flagge durch die Fahne der Palästinenser ersetzt. Die deutsche Vertretung und das EU-Buro waren am Samstag geschlossen.

Die Randalierer sagten, sie wollten gegen eine Beleidigung des Propheten Mohammed protestieren, nachdem die Karikaturen auch in deutschen Zeitungen veröffentlicht wurden. Militante Palästinenser verschleppten in Gaza auch ein polnisches Ehepaar. Zu neuen Demonstrationen kam es auch in London.

Nach Massenprotesten wütender Muslime in der islamischen Welt am Vortag versuchte UN-Generalsekretär Kofi Annan, die Wogen zu glätten. Zwar respektiere er die Pressefreiheit, doch er teile auch den Unmut der Muslime, sagte Annan am Freitag in New York. Die Krise müsse sofort überwunden, die ohnehin schwierige Lage dürfe nicht weiter angeheizt werden. Er rief die Muslime auf, die Entschuldigung der dänischen Zeitung, in der die Zeichnungen vor vier Monaten zuerst erschienen waren, zu akzeptieren. Das ganze dänische Volk oder Europa dürfe nicht für die Handlung einzelner Journalisten bestraft werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Gewaltaufrufe von Muslimen im Karikaturenstreit scharf. Zwar könne sie durchaus verstehen, dass die Bilder die religiösen Gefühle von Muslimen verletzt haben. Es sei jedoch «inakzeptabel, auf dieser Grundlage eine Legitimierung von Gewalt zu sehen».

Nach Großbritannien bezeichnete auch die US-Regierung die Veröffentlichung der Karikaturen als «beleidigend», verteidigte aber das Recht auf Meinungsfreiheit. US-Außenamtssprecher Sean McCormack rief in Washington zum Dialog und Gewaltverzicht auf. Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg verurteilte die Veröffentlichung der Karikaturen in seinem eigenen Land. Auch der EU-Koordinator für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, rief zur Mäßigung auf. «Toleranz und gegenseitiger Respekt spielen eine ebenso große Rolle wie das Prinzip der Meinungsfreiheit», sagte Solana der «Bild am Sonntag». Er versuche, die Situation zu beruhigen.

Die arabischen Staaten wollen sich wegen des Streits an die Vereinten Nationen wenden. Diese sollten einen Beschluss fassen, der «beleidigende Angriffe gegen religiöse Überzeugungen» verbiete. Die Informationsminister der arabischen Staaten einigten sich in Kairo zudem, eine Medienkampagne zu starten, «um das schlechte Image des Islam gerade zu rücken». Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono nannte die Veröffentlichung der Karikaturen «ganz klar gefühllos gegenüber den Sichtweisen einer anderen Religion». (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false