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Freiburg trauert um die 19jährige Studentin, die vor zwei Monaten vergewaltigt und ermordet wurde.

© Patrick Seeger/dpa

Mord an Studentin: Was über den Mord in Freiburg bekannt ist - und was nicht

Nach dem Mord an einer Studentin in Freiburg sitzt ein Flüchtling in Haft. Er schweigt. Nun steht ein weiteres Verbrechen in Griechenland 2013 im Raum. Doch die Ermittler haben Mühen, den Spuren nachzugehen.

Zwei Monate nach dem Mord an einer Studentin in Freiburg und knapp zwei Wochen nach der Festnahme eines verdächtigen Flüchtlings stehen die Ermittler unter Druck. Sie verfolgen Hinweise, dass der angeblich 17-Jährige auch verantwortlich ist für ein Gewaltverbrechen an einer jungen Frau in Griechenland im Jahr 2013. In Freiburg wird ihm vorgeworfen, Mitte Oktober dieses Jahres eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt und ermordet zu haben. Doch der Tatablauf und auch das Alter des Verdächtigen sind unklar. Der Fall, der auch eine Debatte über die deutsche Flüchtlingspolitik ausgelöst hat, wirft zahlreiche Fragen auf.

Was wissen die Ermittler über den Tatverdächtigen?

Polizei und Staatsanwaltschaft legen ihm Vergewaltigung und Mord zur Last. Am Tatort in Freiburg waren DNA-Spuren von ihm gefunden worden, sieben Wochen nach dem Tod der Studentin wurde er festgenommen. Er war in Freiburg auf Videoaufnahmen einer Straßenbahn erkannt worden. Den Angaben zufolge ist er 17 Jahre alt und aus Afghanistan. Er kam laut Staatsanwaltschaft 2015 als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland, lebte in Freiburg bei einer Pflegefamilie und stand unter der Vormundschaft des Jugendamtes Breisgau-Hochschwarzwald.

Wie wurde er in Freiburg integriert?

Er besuchte laut Behörden eine Schule in Freiburg und galt als nicht vorbestraft. Zudem kann er sich in deutscher Sprache verständigen. Seit seiner Festnahme Anfang Dezember sitzt er in Untersuchungshaft. Er äußert sich nicht und hat einen Anwalt. Zur Frage, wo und wie er in Haft sitzt, will die Staatsanwaltschaft nichts sagen. Auch der Anwalt sowie die Pflegefamilie äußern sich nicht öffentlich. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur befindet er sich inzwischen im Justizvollzugskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg, wo Gefangene speziell betreut und medizinisch versorgt werden. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet. Der Gefangene werde wegen möglicher Suizidgefahr rund um die Uhr bewacht.

Ist das Alter des Verdächtigen gesichert?

Die Staatsanwaltschaft ging bislang davon aus, dass das mit 17 angegebene Alter korrekt ist. Nun hat sie bei der Rechtsmedizin der Freiburger Universität ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Experten dort sollen das Alter des Verdächtigen bestimmen. Welche Methoden sie hierfür verwenden, ist den Angaben zufolge noch nicht entschieden.

Wieso ist das Alter wichtig?

Ist ein Täter zur Tatzeit jünger als 18 Jahre, gilt automatisch Jugendstrafrecht. Vor Gericht verhandelt wird dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Es drohen maximal zehn Jahre Haft. Ist der Täter älter, können Juristen anders vorgehen und auch härter bestrafen.

Welche Verbindungen hat der Mann zu der Tat in Griechenland?

Die Polizei prüft einen möglichen Zusammenhang zu dem Gewaltverbrechen an einer jungen Frau in Griechenland im Jahr 2013. Die Frau war auf der Insel Korfu überfallen und eine Steilküste hinunter geworfen worden. Sie überlebte schwer verletzt.

Und der Täter?

Die griechische Anwältin des damaligen Täters will den in Freiburg Verhafteten wiedererkannt haben. Wie sie sagte, wurde er 2014 in Griechenland zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Nach etwa eineinhalb Jahren wurde er demnach nach einem Beschluss der Justiz unter Auflagen freigelassen. Danach verliert sich seine Spur. Die Hintergründe der Freilassung in Griechenland sind unklar. Wie zuerst der „Stern“ berichtete, soll er sich bereits damals als 17-Jähriger ausgegeben haben.

Wie reagiert die deutsche Polizei darauf?

Die Freiburger Ermittler haben diese Hinweise durch Zeugenbefragungen erhalten, zudem berichten Medien darüber. Das Problem: Sie müssen nach Angaben einer Sprecherin verwertbare Informationen der griechischen Polizei und der dortigen Justiz abwarten. Möglich ist unter anderem das Abgleichen von auffälligen Tätowierungen. Medienberichten zufolge hatte der Täter in Griechenland solche Tätowierungen am Körper, offiziell bestätigt ist dies von der Polizei aber nicht.

Wann kommen diese Informationen?

Das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden koordiniert das Übersenden der Freiburger Fragen nach Griechenland. Ob und wann Antworten kommen, ist unklar. Das Verfahren, sagt eine Sprecherin, sei kompliziert und zeitaufwendig. Juristisch nutzbare Beweise für einen Zusammenhang der beiden Taten haben die deutschen Ermittler nach eigenen Angaben derzeit nicht. Ein europaweiter DNA-Vergleich mit den Daten des Verdächtigen hatte keinen Treffer erzielt. Zudem gab es laut BKA keinen internationalen Haftbefehl oder eine Fahndung.

Gibt es Hinweise auf andere Taten des Verdächtigen?

Die Polizei prüft dies, hat aber keine konkreten Hinweise. Der deutschen Polizei war der Verdächtige vor dem Mord an der Studentin wegen illegaler Einreise aufgefallen sowie in Zusammenhang mit einer Körperverletzung. Der Verdacht der Körperverletzung erhärtete sich laut Staatsanwaltschaft aber nicht.

Gibt es Parallelen zu anderen Mordfällen?

In Endingen bei Freiburg wurde drei Wochen nach der Freiburger Tat eine junge Frau vergewaltigt und ermordet. Die Polizei hat nach eigener Aussage keine Hinweise auf einen Zusammenhang, ausschließen kann sie ihn aber auch nicht. Hintergrund: In Endingen haben die Ermittler keine verwertbaren DNA-Spuren vom Täter gefunden. Eine konkrete Spur in diesem Fall gibt es nicht.

Wie wird in Freiburg nun ermittelt?

Die nach der Tat gebildete Sonderkommission „Dreisam“ ermittelt weiter mit 68 Beamten. Sie versuchen, die Tat zu rekonstruieren. Laut Polizei gibt es keine Augenzeugen. Zudem ist offen, ob der Verdächtige und das Opfer sich kannten.

(dpa)

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