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Politik: Mord beim SEK?

Sieben Polizisten in Köln wegen Drogen suspendiert – Witwe eines Kollegen spricht von gezielter Tötung

Die Gruppe des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Kölner Polizei lieferte schon früher unschöne Schlagzeilen. Doch nun gehen die Ermittlungsergebnisse der Kripo weit darüber hinaus: Es geht um den Verdacht des Rauschgiftschmuggels, der Bereicherung – und um zwei Todesfälle. Am Donnerstag gingen Kölns Polizeipräsident Klaus Steffenhagen und Oberstaatsanwalt Jürgen Kapischke vor die Presse. Steffenhagen zeigte sich „zutiefst betroffen“, während Kapischke von „gravierenden Vorgängen“ sprach. Die Ermittler haben den Verdacht, dass das Sonderkommando aus dem Ruder gelaufen und am Ende sogar für kapitale Verbrechen verantwortlich sein könnte.

Am frühen Morgen wurden die Wohnungen von sieben Mitgliedern der SEK-Gruppe durchsucht, alle mussten zum Verhör. Besonders ergiebig waren die Gespräche nicht, die Spezialbeamten beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Das wussten Steffenhagen und Kapischke noch nicht, als sie die Öffentlichkeit informierten. Sie konnten nur sagen, dass die Beamten vom Dienst suspendiert wurden.

Im Mittelpunkt des Interesses stehen zwei Todesfälle. Am 3. Februar 2004 wurde in der Polizeiunterkunft an der Gaerdestraße in Köln ein 32-jähriger Polizist von einem Kollegen bei einer Übung erschossen. Die Staatsanwälte gingen zunächst von fahrlässiger Tötung aus; der Beamte hatte gegen die Vorschrift noch eine Kugel im Lauf gehabt und, so behauptet er, dies nicht gewusst. „Vor ganz kurzer Zeit haben wir neue Hinweise bekommen“, sagte nun Kapischke. Nach Informationen des Tagesspiegels hat die Witwe des Getöteten den Ermittlern berichtet, in dem SEK spiele Rauschgift eine Rolle, gebe es Diebstähle, und weil ihr Mann aussteigen wollte, sei er möglicherweise getötet worden.

Brisant wird die Geschichte, weil es einen zweiten Todesfall im Zusammenhang mit diesem SEK gibt. Bei einem Zugriff im Juli 2001 erschoss sich, so die offizielle Version, ein Mann in einer Lagerhalle bei Bonn. Inzwischen gibt es Hinweise, dass die SEK-Männer voreilig gehandelt und gegen die Anweisung nicht auf das Eintreffen der Polizeipsychologen gewartet haben. Unklar ist auch, ob sich der Mann selbst erschossen oder aus der Waffe eines Beamten getötet wurde. Dazu kommt, dass die SEK-Gruppe Haschisch in Autoreifen von Skandinavien nach Köln geschmuggelt haben soll. Es steht der Verdacht im Raum, dass sie bei Einsätzen benebelt waren. Vor allem in der jüngeren Vergangenheit hatten sich Fehlgriffe dieses Kommandos gehäuft; mal hat man überaus brutal einen falschen Mann verhaftet, dann wieder die Wohnungstür einer Hausfrau eingetreten, obwohl man eigentlich den benachbarten Drogendealer festsetzen wollte.

Der Düsseldorfer Innenminister Fritz Behrens (SPD) ist ob der Kölner Vorgänge aufgeschreckt. Er versprach eine „schnelle und rasche“ Aufklärung. Immerhin, tröstet sich der Minister, seien die Hinweise aus der Polizei selbst gekommen.

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