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Mordwaffe. Mit dieser Pistole sind mehrere Kleinunternehmer getötet worden.

© dpa

Morde der rechtsextremen Terrorzelle: Der Weg der Todeswaffe

Ein Neonazi besorgte die Pistole Ceska 38, mit der die NSU-Terroristen neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft töteten.

Von Frank Jansen

Bei den Ermittlungen zu den Waffen, die von der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ eingesetzt oder zumindest gehortet wurden, sind die Behörden einen Schritt weitergekommen. Der in Untersuchungshaft sitzende mutmaßliche NSU-Unterstützer Carsten S. hat gestanden, dem Trio Ende 1999 oder Anfang 2000 eine Pistole vom Typ Ceska 38 überbracht zu haben. Somit scheint klar zu sein, wie die Terroristen an die Waffe gekommen waren, mit der sie neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft erschossen. Carsten S. hatte die Waffe nach eigenen Angaben einem Thüringer Rechtsextremisten abgekauft und in Chemnitz, wo sich das Trio versteckte, in einem Abbruchhaus dem NSU-Mann Uwe Böhnhardt übergeben, zusammen mit einem Schalldämpfer und Munition.

Das Geld für den Kauf, 2500 D-Mark, soll Carsten S. von Ralf Wohlleben erhalten haben. Der Ex-Vizechef der Thüringer NPD sitzt ebenfalls als mutmaßlicher Unterstützer des NSU in Untersuchungshaft. Woher Wohlleben das Geld hatte, ist offen. Sicherheitskreise vermuten, Wohlleben könnte die 2500 D-Mark von dem Terrortrio erhalten haben. Im Oktober 1999 hatten die Neonazis in Chemnitz die ersten zwei Banküberfälle begangen und mehr als 68 000 D-Mark erbeutet.

Aus ermittlungstaktischen Gründen sagen Sicherheitsexperten nicht, wie die Ceska nach Thüringen kam. Bekannt ist bislang, dass die Waffe Anfang der 90er Jahre von Tschechien, wo sie produziert worden war, zu einem Schweizer Waffenhändler gelangte. Er verkaufte die Pistole an einen Landsmann, der sie an einen Bekannten weitergegeben haben will. Über diesen Mann, so ist zu vermuten, wurde die Ceska im kriminellen Milieu gehandelt und geriet dann in die Hände des Thüringer Rechtsextremisten, der auch mit unpolitischen Delikten aufgefallen sein soll. Der Thüringer war mit Wohlleben bekannt, der den Deal mit Carsten S. eingefädelt haben soll.

Die Ceska, deren Seriennummer entfernt war, hatte die Polizei mit elf weiteren Waffen im Brandschutt des von Beate Zschäpe am 4. November 2011 angezündeten Hauses im sächsischen Zwickau gefunden. Aus der Ruine holte die Polizei auch die Pistole, die bei zwei weiteren der neun Morde an Migranten zum Einsatz kam. Es handelt sich um eine Waffe der Marke Bruni Modell 315 Auto, offenbar eine umgebaute Schreckschusspistole. Diese hatten Mundlos und Böhnhardt bei dem Mord an dem türkischen Blumenhändler Enver Simsek im September 2000 in Nürnberg sowie bei der Tötung des ebenfalls türkischen Gemüsehändlers Süleyman Tasköprü im Juni 2001 in Hamburg eingesetzt.

Zwei weitere Waffen aus Zwickau konnte die Polizei ebenfalls Delikten der Terrorgruppe zuordnen. Mit der Pistole TT 33 wurde im April 2007 in Heilbronn die Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen. Auch die Waffe, mit der Kiesewetters Kollege Martin A. schwer verletzt wurde, lag in den Zwickauer Trümmern, eine Pistole Radom VIS 35.

In dem ausgebrannten Wohnmobil im thüringischen Eisenach, in dem am 4. November 2011 die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lagen, fand die Polizei acht Waffen. Dazu zählt ein Revolver, mit dem die Neonazis im Oktober 2006 bei einem Banküberfall in Zwickau einen Angestellten verletzt hatten.

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