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Der jahrzehntelange Nordirland-Konflikt, bei dem 3600 Soldaten und Zivilisten ums Leben kamen, wurde 1998 beendet.

© Reuters

Mordverdacht gegen IRA: Nordirland in schwerster Krise seit 1998

Ein Mordverdacht gegen die IRA hat in Nordirland die schwerste Krise seit 1998 ausgelöst. Regierungschef Peter Robinson trat zurück.

In Nordirland steht die Machtaufteilung zwischen probritischen und proirischen Parteien nach einem Mordverdacht gegen die eigentlich als aufgelöst geltende paramilitärische Gruppierung IRA vor dem Aus. Der protestantische Regierungschef Peter Robinson trat am Donnerstag zusammen mit anderen Ministern seiner probritischen Partei DUP zurück. Nur Finanzministerin Arlene Foster blieb im Amt und soll kommissarisch die Regierungsgeschäfte überwachen. Der britische Premierminister David Cameron erklärte, er sei zutiefst besorgt über die Entwicklung. Die USA riefen alle Beteiligten zu Verhandlungen auf. Es ist die schwerste innenpolitische Krise in Nordirland seit dem Friedensabkommen aus dem Jahr 1998.

Es geht um den Mord am ehemaligen IRA-Mitglied Kevin McGuigan

Ausgangspunkt des Streits ist die Ermordung des ehemaligen IRA-Mitglieds Kevin McGuigan vor einem Monat. Die Polizei verdächtigt die IRA der Tat und hatte in dem Zusammenhang ein hochrangiges Mitglied der Sinn Fein vorübergehend festgenommen, dem einstigen politischen Arm der für die Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland kämpfenden "Irisch-Republikanischen Armee" (IRA). Mit dem Vorgehen der Polizei gibt es quasi die amtliche Feststellung, dass die IRA weiter aktiv ist. Sinn Fein weist das aber zurück.

 Der protestantische Regierungschef Peter Robinson trat mit anderen Ministern seiner probritischen Partei DUP zurück.
Der protestantische Regierungschef Peter Robinson trat mit anderen Ministern seiner probritischen Partei DUP zurück.

© AFP

Der jahrzehntelange Nordirland-Konflikt, bei dem 3600 Soldaten und Zivilisten ums Leben kamen, wurde 1998 beendet. Seitdem teilen sich die beiden Lager die Macht. Regierungschef Robinson erklärte nun aber, die noch immer währende Existenz der IRA und die Tatsache, dass Sinn Fein mit einem Mord in Verbindung gebracht werde, sei nicht akzeptabel. Deshalb könne man nicht einfach wie bisher weiter machen.

Im nächsten Frühjahr stehen in Nordirland Wahlen an

Die meisten Beobachter gehen nicht davon aus, dass es in Nordirland zu einer Rückkehr zum bewaffneten Konflikt kommen könnte. Gleichwohl hatte Martin McGuiness von Sinn Fein jüngst gewarnt, sollte die Krise nicht gelöst werden, könne ein Vakuum entstehen, das "gewaltbereite Elemente auf allen Seiten ausnutzen" könnten.

Zudem hatte Sinn Fein erklärt, die Gegenseite nutze die Krise, um das Ansehen der Partei im Vorfeld der Wahlen im kommenden Frühjahr zu beschädigen. Sinn Fein-Präsident Gerry Adams sagte am Donnerstag, die Aufteilung der Regierungsmacht zwischen den beiden Seiten sei zwar schwierig, "aber besser als Krieg".

Zuletzt waren die Parlamentssitzungen 2002 ausgesetzt worden

Robinson forderte Großbritannien am Donnerstag bei seinem Rücktritt auf, die Parlamentssitzungen auszusetzen. Das könnte dazu führen, dass die Regierung in London direkt in die nordirischen Regierungsgeschäfte eingreift. Camerons Regierung erklärte jedoch, sie unterstütze ein solches Vorhaben nicht. Sinn Fein warnte, sollte es zu einer Aussetzung kommen, bedeute dies für Nordirland einen gravierenden Rückschritt. Zuletzt waren die Parlamentssitzungen im Jahr 2002 ausgesetzt worden. Damals hatte es fünf Jahre gedauert, bis sich die Konfliktparteien wieder verständigten. Hätte Robinson am Donnerstag bei seinem Rücktritt keinen kommissarischen Leiter der Regierungsgeschäfte ernannt, hätte dies automatisch Neuwahlen bedeutet. (rtr)

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