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Politik: Moskau löst Parteien auf

Viele Bündnisse entsprechen nicht neuen Kriterien

Moskau - Fast die Hälfte der russischen Parteien muss sich in den kommenden Tagen auflösen – und formaljuristisch ist der Vorgang vollkommen korrekt. Über ein Jahr lang hatte das Mitte 2005 verabschiedete Gesetz Russlands politischen Parteien Zeit gelassen, sich den neuen Zulassungskriterien anzupassen: Mindestens 50 000 eingeschriebene Mitglieder landesweit und Basisorganisationen mit nicht weniger als 500 Mitgliedern in mehr als der Hälfte der 88 Regionen des Landes. Von den noch zugelassenen 32 Parteien konnten 17 die erforderlichen Nachweise erbringen, als am 31. Dezember die Frist für die Umregistrierung ablief. Die anderen zwölf Parteien, sagte die Sprecherin der Zentralen Zulassungsbehörde Galina Fokina der amtlichen Nachrichtenagentur Itar-Tass, würden per gerichtlicher Verfügung aufgelöst. Einschlägige Verfahren sollen am ersten Arbeitstag des neuen Jahres, dem 9. Januar, eingeleitet werden.

Bekannt wurde dies in den Vormittagsstunden des 1. Januar. Regimekritiker halten diesen Zeitpunkt für keinen Zufall, ebenso wenig die geplante Ausdünnung der politischen Landschaft selbst. Denn die Auflösung droht ausschließlich Oppositionsparteien, die die Kriterien auch deshalb verfehlten, weil bei staatlichen Medien und damit fast allen TV-Sendern nicht mehr über sie berichtet wird.

Für die Wahlen zur Duma im kommenden Dezember hebt das neue Parteiengesetz auch die Sperrklausel von bisher fünf auf sieben Prozent an; künftig können außerdem nur noch Parteien gewählt werden, bisher wurde die Hälfte der 450 Abgeordneten über Direktmandate gewählt. Davon profitierten vor allem die kleineren Parteien, die jetzt zum großen Teil ohnehin aufgelöst werden.

Da auf diesem Wege die Instrumente für eine basisdemokratische Willensbildung weiter geschwächt werden, dürfte die Politikverdrossenheit in Russland weiter steigen. Die Duma, wo die Kremlpartei Einiges Russland eine satte Zweidrittelmehrheit hat, beschloss daher im Herbst, dass die Ergebnisse von Wahlen künftig bei beliebiger Beteiligung anerkannt werden. Bisher mussten dazu mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten an die Urnen gehen. Künftig, ätzte der Satiriker Viktor Schenderowitsch, reiche es, wenn ein einziger „Einheitsrusse“ seine Verwandtschaft mobilisiere.

Eine wirklich Wahl besteht dann nur zwischen der Partei Einiges Russland und der im Herbst von Senatspräsident Sergej Mironow gegründeten Partei Gerechtes Russland. Diese soll latente Unzufriedenheit kanalisieren und Linkswähler bündeln, um vor allem die KP zu schwächen. Diese hat als einzige Oppositionspartei reale Chancen auf den Einzug in die neue Duma.

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