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Politik: Moskaus Reaktion erinnert an Zeiten des Kalten Kriegs

MOSKAU .Der Kalte Krieg klopft wieder an die Tür.

MOSKAU .Der Kalte Krieg klopft wieder an die Tür.Die Abberufung der russischen Botschafter aus Washington und London nach der zweiten Welle der Luftangriffe auf Bagdad belegt das augenfällig.Das hat es in den Beziehungen zwischen Rußland und den USA seit dem Zweiten Weltkrieg überhaupt noch nicht gegeben.Aus London wurde der Botschafter nur einmal, nach Ausweisung von über 100 sowjetischen Diplomaten im Herbst 1971, abberufen.Zu den Spannungen trägt bei, daß bei der russischen Kriegsmarine "einzelne Maßnahmen zur Versetzung von Truppenteilen und Schiffen in erhöhte Gefechtsbereitschaft" eingeleitet wurden.

Gerüchte, wonach Rußland Schiffe seiner Pazifikflotte in den Golf schicken will, wies der Präsidentensprecher Dmitrij Jakuschkin gestern auf einer Pressekonferenz im Kreml zurück.Bei ernsten internationalen Spannungen würden Kriegsmarine und Luftwaffe immer teilweise in Alarmbereitschaft versetzt.Strategische Raketentruppen blieben davon unberührt.Deren Alarmierung war freilich auch nicht nötig.U-Boote der russischen Nordflotte verfügen über Atomraketen, die weit weg von der Stelle auftauchen, wo sie abgefeuert wurden.Atomgetriebene Unterseeschiffe haben gegenüber landgestützten Raketenstellungen, deren Standorte durch die Satellitenaufklärung bekannt sind, den Vorteil der Beweglichkeit.

Zugleich wurde in Moskau klargestellt, daß man nicht in Konfrontationsrhetorik oder gar Konfrontationshandlungen abgleiten wolle.Von einem Abbruch der Beziehungen zu den USA oder Großbritannien könne keine Rede sein."Militärschläge bleiben aber Militärschläge und sind nicht hinnehmbar", sagte der Kremlsprecher.Die sollten mit diplomatischen Mitteln gestoppt werden, erklärte der Außenminister Iwanow.Immerhin sagte er, Schritte wie ein einseitiger Ausstieg aus den UNO-Sanktionen gegen Irak brächten nichts.Jetzt wird in Moskau ein Telefonat zwischen Clinton und Jelzin erwartet.Der Regierungschef Primakow gab sich weiter unnachsichtig.Luftangriffe zerstörten die auf dem Gleichgewicht der Supermächte aufgebaute internationale Nachkriegsweltordnung, was man nicht akzeptieren könne.Die übrige Begleitmusik war noch viel lauter.Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums kündigte eine Einschränkung der Kontakte mit den USA an.Man müsse auch an "weltweite alternative Strukturen denken, um das Diktat seitens einzelner Staaten auszuschließen".

Die Staatsduma nahm gar einen Beschluß über die Ausweitung der wirtschaftlichen und militärtechnischen Zusammenarbeit mit Irak an.Von einer Ratifizierung des START-II-Vertrages über den Abbau strategischer Atomwaffen war keine Rede mehr.Die Chefs aller zu Rußland gehörenden moslemischen Republiken verurteilten die Militäraktion.

ALEXEJ DUBATOW

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