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Politik: Motive für Geiselnahme im Irak unklar

Sicherheitsexperten: Entführer sind Profis / Krisenstab setzt auf Geheimhaltung / Tote bei Anschlägen

Von Frank Jansen

Berlin - Im Fall der im Irak entführten zwei Deutschen scheinen die Geiselnehmer bislang auf politische Forderungen an die Bundesregierung zu verzichten. In Sicherheitskreisen wird derzeit nahezu ausgeschlossen, dass die Entführer dem islamistischen Spektrum angehören. Es gehe ihnen offenkundig nicht darum, den weltweiten Dschihad (Heiligen Krieg) voranzutreiben, sagten Experten dem Tagesspiegel. Dennoch seien die Motive der Geiselnehmer weiter unklar. Rätselhaft bleibt vor allem die inzwischen bekannt gewordene Drohung der Entführer, eine Geisel werde erschossen, sollten die deutschen Medien über den Fall berichten. In Sicherheitskreisen sind zwei Interpretationen zu hören: Entweder hätten die Entführer „schnelles Geld“ machen wollen, ohne größere Aufmerksamkeit zu erregen. Oder: Durch die Geiselnahme sollte ein innerirakischer Deal erzwungen werden. Auch da wäre die Berichterstattung durch internationale Medien störend.

Fest steht bislang offenbar nur, dass die beiden Entführten, eine etwa 60 Jahre alte deutsche Frau und ihr Sohn, der auch die irakische Staatsbürgerschaft besitzt, die Geiselnahme unversehrt überstanden haben. In Sicherheitskreisen wird betont, die Täter seien „äußerst professionell“ vorgegangen. Die mit einem wohlhabenden irakischen Arzt verheiratete Frau und der Sohn wurden am Dienstag der vergangenen Woche aus ihrem Wohnhaus in Bagdad von den bewaffneten Geiselnehmern verschleppt. Bei der Tat gab es offenbar weder Tote noch Verletzte. Dieses Vorgehen passe kaum zu fanatischen Islamisten oder zu den vielen, im Irak marodierenden unpolitischen Kleinkriminellen, hieß es in Sicherheitskreisen. Die Professionalität lasse eher auf Leute aus dem früheren Apparat des Diktators Saddam Hussein schließen, die nach Art der Mafia agierten.

Meldungen in den Medien, das Auswärtige Amt habe erst von der in Berlin lebenden Tochter der entführten Frau erfahren, was in Bagdad passiert war, bezeichneten Sicherheitskreise als „eine der kursierenden Spekulationen“. Nach Informationen des Tagesspiegels hatten sich die Entführer bei der Tochter gemeldet, doch die deutschen Behörden wussten bereits aus Bagdad von der Geiselnahme. Wie die Tochter und die beiden Entführten heißen, wird vor den Medien bislang geheimgehalten. Im Krisenstab, den das Auswärtige Amt am vergangenen Dienstag eingerichtet hatte, habe es schon Ärger gegeben, weil die Geiselnahme überhaupt den Medien bekannt wurde, berichteten Sicherheitsexperten.

Unterdessen forderten Anschläge in Bagdad, wie beinahe täglich, zahlreiche Opfer. Am Dienstag starben bei der Explosion einer Autobombe vor einem Lebensmittelgeschäft im Westen der Stadt mindestens 16 Menschen. Bei weiteren Attentaten mit einer Autobombe und Mörsergranaten in Bagdad wurden sieben Menschen getötet. mit AFP

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