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Politik: Mr. Dobbins neue Mission

Von heute an wird James Dobbins seinen Lebensmittelpunkt im Flugzeug haben. Mehrere Wochen lang wird der 59-jährige US-Spitzendiplomat hin und her reisen zwischen der amerikanischen Ostküste, Pakistan, Usbekistan, Tadschikistan, China, der Türkei, vielleicht dem Iran und anderen Ländern.

Von heute an wird James Dobbins seinen Lebensmittelpunkt im Flugzeug haben. Mehrere Wochen lang wird der 59-jährige US-Spitzendiplomat hin und her reisen zwischen der amerikanischen Ostküste, Pakistan, Usbekistan, Tadschikistan, China, der Türkei, vielleicht dem Iran und anderen Ländern. Seine Aufgabe gleicht der Quadratur eines Kreises. Dobbins soll, das ist der eher leichte Part, in Afghanistan die Verbindung zu den oppositionellen Rebellen der Nordallianz halten. Der weitaus schwierigere Teil seiner Mission besteht darin, eine Nachfolgeregierung des in Kabul herrschenden Taliban-Regimes zusammenzuschmieden. Diese Regierung soll von möglichst vielen Bevölkerungskreisen des multiethnischen Landes akzeptiert werden. Und was noch komplizierter ist: Weder Pakistan, noch Indien, Russland oder der Iran dürfen sich anschließend brüskiert fühlen.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Krieg - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung - Bio-Terrorismus Fotostrecke: Der Krieg in Afghanistan Ob das gelingen kann, ist fraglich. Die Animositäten in der Region sitzen tief. Die beiden wichtigsten Verbündeten der Amerikaner in ihrem Krieg gegen den Terror - Pakistan und die Nordallianz - hassen und beargwöhnen sich. Einige Mitglieder der pakistanischen Regierung beschuldigen die Nordallianz, enge Verbindungen zu Osama bin Laden, Al Qaida und anderen radikalislamischen Organisationen zu haben. Diese Banditen, heißt es in Islamabad, werden die Waffen, die ihnen die Amerikaner jetzt geben, irgendwann gegen die USA verwenden. Die Nordallianz wird militärisch von Indien, Russland und dem Iran unterstützt, die größte ethnische Minderheit Afghanistans, der Stamm der Paschtunen, ist in ihr jedoch nicht vertreten. Andersherum beschuldigen die Kämpfer der Nordallianz das pakistanische Militärregime, weiterhin die Taliban zu unterstützen. Diese Rivalitäten zu versöhnen, scheint unmöglich.

Wenn es freilich einer schafft, dann Dobbins. Er gilt als der "Ben Wisch" der US-Diplomatie. Vor dem Mauerfall war er vier Jahre lang Diplomat in Bonn, anschließend US-Botschafter bei der Europäischen Union. Ob es um Kosovo, Bosnien, Haiti oder Somalia ging: Stets hat Dobbins eine entscheidende Rolle dabei gespielt, eine Lösung auch für politisch verfahrene Situationen zu finden. Als erstes wird er an diesem Freitag in New York, am Vorabend des Jahrestreffens der UN-Generalversammlung, an einem informellen Gespräch der so genannten "6-plus-2-Gruppe" teilnehmen. Das sind die sechs Nachbarn Afghanistans - Turkmenistan, Tadschikistan, Usbekistan, Iran, Pakistan und China - sowie die Vereinigten Staaten und Russland. Am kommenden Montag dann findet eine offizielle Begegnung der Außenminister der "6-plus-2-Gruppe" im Rahmen der Uno statt. Anschließend wird Dobbins in die Türkei sowie nach Italien zum 87-jährigen, exilierten afghanischen Ex-König fahren, um die diplomatischen Bemühungen weiter voranzutreiben.

Auch die große Politik geht in dieser Woche diplomatisch in die Offensive. Präsident George W. Bush wird im Weißen Haus nicht weniger als acht ausländische Regierungschefs empfangen und am Wochenende elf weitere bei der Uno in New York. In erster Linie geht es bei den Treffen darum, die Anti-Terror-Koalition davon zu überzeugen, dass die "Operation dauerhafte Freiheit" unverändert fortgesetzt werden muss. Zu den Gesprächspartnern Bushs zählen Europäer wie Chirac und Blair, die Vertreter arabischer Länder - Algerien, Marokko und Kuwait - sowie, besonders delikat, der indische und pakistanische Präsident.

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