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Murat Kurnaz: Deutsche Soldaten Augenzeugen bei Misshandlung?

Deutsche Soldaten sollen nach Angaben des "Stern"-Magazins die Misshandlung des Bremer Guantanamo-Gefangenen Murat Kurnaz mitangesehen haben. Das Verteidigungsministerium sieht noch "keine Beweise, dass die erhobenen Vorwürfe so richtig sind".

Hamburg - Die Aufklärung der schweren Vorwürfe des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz gegen deutsche Soldaten lässt weiter auf sich warten. Die Feststellung des Sachverhalts werde noch "einige Zeit in Anspruch nehmen", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Derzeit gebe es aber "keine Beweise, dass die erhobenen Vorwürfe so richtig sind". Am kommenden Mittwoch wolle das Ministerium dem Verteidigungsausschuss des Bundestages einen Bericht vorlegen.

Deutsche Soldaten sollen nach Angaben des "Stern"-Magazins mitangesehen haben, wie der Bremer Guantanamo-Gefangene Murat Kurnaz von Amerikanern misshandelt wurde. "Das war einfach schäbig", wird ein Offizier zitiert. Ein hochrangiger Offizier des Kommandos Spezialkräfte (KSK) sagte dem Magazin: "Wir haben schon gesehen, wie die Amerikaner die Gefangenen da im Lager getreten und geschlagen haben." Die Aussage des Offiziers steht auch Meldungen entgegen, wonach das KSK Ende 2001 noch nicht in Afghanistan stationiert gewesen sei. "Ich war ab dem 10. Dezember 2001 in Kandahar", zitierte der "Stern" den Offizier.

Die Bundesregierung soll schon Anfang 2002 unterrichtet worden sein

Zudem liegen dem Magazin nach eigenen Angaben Privatfotos von KSK-Angehörigen vor, die in Kandahar aufgenommen wurden. Alle Fotos tragen dem Bericht zufolge das Datum des 5. und des 10. Januar 2002. Kurnaz habe auf den Bildern den Ort wiedererkannt, an dem ihn zwei deutsche Soldaten verhört und dabei seinen Kopf auf den Boden geschlagen hätten. "Das ist in diesem Lager passiert", sagte Kurnaz dem "Stern". Hingegen hatten deutsche Soldaten, die nach eigenen Angaben 2002 in Kandahar mit dem türkischstämmigen Bremer vor seiner Verlegung nach Guantanamo gesprochen hatten, Misshandlungen laut einem Zeitungsbericht bestritten.

Wie der "Stern" weiter berichtete, informierte der Bundesnachrichtendienst (BND) die Bundesregierung bereits am 9. Januar 2002 über Kurnaz' Internierung in Afghanistan. "Bei dem angeblichen Deutschen im Gefangenenlager Kandahar handele es sich um den in Deutschland aufgewachsenen M.K., der einen türkischen Pass hat. M.K. soll im Verlauf der Woche nach Guantanamo überstellt werden", zitierte das Magazin aus einer geheimen Depesche. Der Gefangene aus Bremen wurde den Deutschen laut Bericht sogar zum Verhör angeboten. "M.K. befinde sich noch in Afghanistan", habe der BND am 23. Januar 2002 an das Kanzleramt gemeldet. Es "bestehe ein Angebot, M.K. zu sprechen und zu befragen", zitierte der "Stern" aus einer zweiten Depesche.

Pau: Steinmeier vor den Untersuchungsausschuss

Linksfraktionsvize Petra Pau verlangte angesichts der neuen Berichte die Ladung des damaligen Leiter des Bundeskanzleramtes und heutigen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor den Geheimdienste-Untersuchungsausschuss. Union und SPD müssten "endlich ihre Hinhaltetaktik aufgeben". (tso/AFP/ddp)

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