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Ein muslimischer Flüchtling betet im griechischen Flüchtlingslager bei Idomeni auf einem improvisierten Gebetsort.

© dpa

Muslime in Griechenland: Athen baut erste Moschee seit 1833

Trotz großer Widerstände kann in Athen die erste offizielle Moschee seit 1833 gebaut werden. Zuvor hatte sich das Oberste Verwaltungsgericht mit fünf Klagen beschäftigen müssen.

Einen „Hotspot“ für Griechen wollen sie aufmachen. Obdachlos gewordene Landsleute sollen kommen und eben keine Muslime zum Beten, wie das die linke Regierung plant, die Flüchtlingen schon Tür und Tor geöffnet habe. So stand es jüngst in einem Aufruf rechtsgerichteter Grüppchen. Der Kulturverein „Athena“, die Reservisten der „Bürgersoldaten“, die „Griechen-Renaissance“ – sie alle wollen den Bau einer Moschee auf dem Gelände einer ehemaligen Marinebasis im Westen der griechischen Hauptstadt verhindern. Als orthodoxe Christen müssten sie sich wehren, sagen sie, der Bau sei verfassungswidrig.

Das Gegenteil sei der Fall, sagt Giorgos Kalentzis, Generalsekretär für religiöse Angelegenheiten im Bildungsministerium: „Die Verfassung garantiert die freie und ungehinderte Ausübung aller Religionen.“ Und deshalb wird es diese Moschee in Votanikos geben, am Ende des Athener U-Bahnnetzes, halb Industriegebiet, halb Siedlung und Universitätsgelände. Es geht um die erste offizielle Moschee überhaupt seit dem Abzug der Türken aus Athen 1833, nach 400 Jahren drückender Herrschaft. Keine Kleinigkeit also. Die Rechten, die Faschisten, ein Teil der Bischöfe machen einen Kulturkampf aus ihrem Widerstand gegen die staatliche Moschee. Denn in der Verfassung steht auch: „Die vorherrschende Religion in Griechenland ist die östlich orthodoxe Kirche Christi.“

Rund fünf Prozent der Griechen sind muslimischen Glaubens

Mehr als 85 Prozent der Griechen sind offiziell orthodox, rund fünf Prozent im Land muslimischen Glaubens. Allein in Athen und der Region Attika leben heute rund 200000 Muslime, die Flüchtlinge in den Lagern nicht mitgerechnet. Sie gehen zum Beten in Kellerwohnungen und umfunktionierte Hallen. An hohen muslimischen Feiertagen wie jüngst zum Ende des Fastenmonats Ramadan werden Sportstadien aufgesperrt. Javied Aslam, der Chef der pakistanischen Gemeinschaften in Athen, nennt die Moschee in Votanikos einen „Scherz“. 350 Gläubigen soll sie in der Gebetshalle einmal Platz bieten. Ein Minarett wird es sowieso nicht geben. „Die Griechen haben ein Riesenthema daraus gemacht“, sagt Aslam, „und bisher hören wir nur Worte.“

Zehn Jahre schleppt sich das Projekt schon hin, eine Million Euro soll es kosten. Kalentzis hat fünf Klagen vor dem Obersten Verwaltungsgericht gezählt. Nach der erneuten Abweisung im Juli kann die Regierung nun endlich die Baugenehmigung erteilen. Aber auch gegen die wird es sofort Einsprüche geben, sagt der Generalsekretär für religiöse Angelegenheiten voraus. Auch Seraphim, der Bischof von Piräus, bekannt für seine reaktionären Ansichten und seine Abneigung gegen die linke Regierung von Alexis Tsipras, hatte gegen die Moschee geklagt.

Doch parteiübergreifend steht der Konsens zum Bau der Athener Moschee. Von der konservativen Nea Dimokratia bis zu den Kommunisten der KKE unterstützen alle den Plan, sogar der kleine rechtsnationalistische Koalitionspartner von Tsipras ist dabei.

Die Moschee ist für die Einwanderer gedacht, die in den Boomjahren nach 2000 nach Athen kamen, und für die neuen Flüchtlinge. Die rund 70 illegalen muslimischen Gebetshäuser in der Hauptstadt will die Regierung zur Beantragung einer Lizenz zwingen oder schließen. Eine Frage der nationalen Sicherheit, so heißt es mit Blick auf die Serie islamistischer Terroranschläge in Europa. Die alten osmanischen Moscheen in Griechenland aber bleiben, was sie jetzt meist sind – Museen für griechische Volkskunst.

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