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Politik: Muss Perus Kabinett gehen?

Präsident Toledo will nach Skandalen Rücktritt aller Minister

Lima (dpa). Nur ein knappes halbes Jahr nach der jüngsten Regierungsumbildung hat der peruanische Präsident Alejandro Toledo erneut alle Minister und seine Berater zum Rücktritt aufgefordert. Das neue Kabinett solle an diesem Montag vereidigt werden, hieß es in einer Erklärung des Präsidialamtes. Peruanische Zeitungen vermuteten in ihren Kommentaren, dass sich die Entscheidung in erster Linie gegen die parteilose Ministerpräsidentin Beatriz Merino richtet.

Merino hatte das Amt als erste Frau in der Geschichte Perus erst am 29. Juni angetreten, nachdem ihre Vorgängerregierung geschlossen zurückgetreten war. Sie kann als einzige Regierungspolitikerin einigermaßen akzeptable Umfragewerte vorweisen. Gegen den Widerstand großer Teile der Koalitionsparteien versuchte sie, wichtige Reformen voranzubringen. Aus den eigenen Reihen wurde sie jedoch immer wieder angegriffen, ohne dass die Urheber sich zu erkennen gegeben hätten. Ihr wurden Korruption und zuletzt Homosexualität vorgeworfen.

Der Konflikt brach offen aus, als Merino im Gespräch mit Journalisten ihrem Vorgänger Luis Solari vorwarf, Drahtzieher einer „Schmutzkampagne“ gegen ihre Person zu sein. Mit der Kampagne sollten Reformen und geplante Steuererhöhungen torpediert werden. Solari habe sogar die katholische Kirche gebeten, sich für ihre Entlassung einzusetzen, sagte Merino. Der als besonders konservativ geltende Solari kündigte Strafanzeige gegen Merino und die Journalisten an. Limas Erzbischof, Kardinal Juan Luis Cipriani, warnte angesichts der Zustände vor politischem „Kannibalismus“.

Der im Juni 2001 gewählte Toledo dürfte allerdings bei der Suche nach einem Nachfolger Merinos auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen. Bei der letzten Kabinettsumbildung im Juni hatten der Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der frühere Übergangspräsident Valentin Paniagua, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Lourdes Flores und der betagte christsoziale Politiker Luis Bedoya das Amt ausgeschlagen.

Toledo ist es auch zur Hälfte seiner Amtszeit nicht gelungen, aus seinem Popularitätstief herauskommen. Derzeit sind Umfragen zufolge nur etwa 13 Prozent aller Peruaner mit seiner Amtsführung zufrieden. Toledos Kritiker halten ihm vor, nicht das Kabinett sei an der Misere schuld, sondern der Präsident selbst.

Vor allem die anhaltende Armut in weiten Teilen der Bevölkerung, aber auch der als unsensibel und selbstherrlich empfundene Stil Toledos haben ihn einen großen Teil seiner Popularität gekostet. Im Mai verhängte er über Teile des Landes den Ausnahmezustand, um einer Welle von Streiks und Straßenblockaden Herr zu werden.

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