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Politik: Nach 20 Jahren hat der "Henker" ausgedient - das Volk jubelt

Marokkos "Henker", wie das Volk den allmächtigen Innenminister Driss Basri nannte, muss sich einen neuen Job suchen. Der junge König Mohammed VI.

Marokkos "Henker", wie das Volk den allmächtigen Innenminister Driss Basri nannte, muss sich einen neuen Job suchen. Der junge König Mohammed VI. feuerte den meistgehassten Mann des Landes fristlos. Basri, gleich nach dem König und noch vor dem Premier zweitmächtigste Person im Staat, war seit über 20 Jahren der Mann fürs Grobe im marokkanischen Königreich. Der Vollstrecker der gewaltsamen Unterdrückung von Demokratie, Meinungsfreiheit und Menschenrechten. Die überraschende Entscheidung des erst im Juli, nach dem Tod seines Vaters Hassan II., gekrönten Königs Mohammed gilt als entscheidender Schritt auf dem Weg zur Demokratisierung.

"Seine Majestät dankte Driss Basri für seine Dienste, die er dem ruhmreichen Throne gewidmet hat", meldete der Staatsrundfunk schlicht. Dem Volk stockte der Atem: Der Mann, dessen Geheimpolizei bis in den letzten Winkel des Reichs Angst und Schrecken verbreitete, über Nacht entlassen? Die Nachricht sprach sich herum wie ein Lauffeuer, die Menschen jubelten.

Der Königshof ließ nichts über die Gründe des Bruchs mit dem Chef der inneren wie äußeren Sicherheit verlauten. Doch in Marokko weiß jeder, dass die Beziehungen Basris zu dem 36-jährigen König Mohammed VI. denkbar schlecht waren. Nicht nur, weil Basri versucht hatte, die Krönung des reformfreudigen Mohammeds zu hintertreiben. Etwa mit einem Bericht des Geheimdienstes über das ausschweifende Nachtleben des ältesten Sohnes des toten Königs Hassan II. Aber vor allem, weil der nationalistische Hardliner Basri sich energisch jeglichen demokratischen wie wirtschaftlichen Reformen, die seinen Einfluss beschnitten hätten, entgegen stemmte.

Entscheidender Auslöser für den Rausschmiss sind wohl die in der südlich gelegenen Westsahara aufgeflammten Proteste gegen die marokkanischen Besatzer. Die brutale "Marokkanisierung" dieser früheren spanischen Kolonie und die Knebelung der Nomaden-Bewohner geht auf Basris Konto. Nachdem nun die schon lange versprochene UN-Volksabstimmung über die Unabhängigkeit an der marokkanischen Blockade-Haltung zu scheitern droht, entzündeten sich bis heute andauernde Krawalle.

Der Entlassung dürfte ein Großreinemachen folgen. Die Vertrauten Basris, von diesem in Schlüsselstellungen von Staat und Wirtschaft bugsiert, müssen um ihren Kopf bangen. Neuer Innenminister, wird der 51-jährige Jurist Ahmed Midaui. Er leitete vier Jahr lang das Ressort Nationale Sicherheit im Innenministerium - bis er sich 1997 mit seinem Chef Basri verkrachte und von diesem auf die Straße gesetzt wurde.

Ralph Schulze

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