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Nach Angriff auf israelische Botschaft: Ägypten und Israel um Schadensbegrenzung bemüht

In Kairo hat ein Mob die israelische Botschaft gestürmt, das Personal konnte in letzter Minute gerettet werden. Droht dadurch eine Destabilisierung in der Region?

Nach den Angriffen auf die israelische Botschaft in Kairo haben die Führungen von Ägypten und Israel am Wochenende versucht, den diplomatischen Schaden möglichst zu begrenzen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte in Jerusalem, sein Land wolle an dem Friedensvertrag mit Ägypten „im Interesse beider Länder“ festhalten und seinen Botschafter so schnell wie möglich nach Kairo zurückschicken. Er sprach von einem „harten und schwierigen Wochenende“.

Die ägyptische Übergangsregierung kündigte nach einer Krisensitzung mit dem herrschenden Obersten Militärrat an, man werde keinerlei Proteste im Umfeld der israelischen Botschaft mehr dulden. Ägypten werde das Ausnahmerecht aus der Mubarak-Ära teilweise wieder in Kraft setzen, „um den Staat zu schützen“. Das Land erlebe „eine Zerreißprobe, die die Grundlagen unserer Nation bedroht“.

Die Muslimbruderschaft dagegen forderte eine „Revision“ der Beziehungen zu Israel, ohne jedoch ausdrücklich die Annullierung des Friedensvertrags von Camp David zu verlangen. Israel sollte verstanden haben, „dass sich Ägypten gewandelt hat, sich die ganze Region wandeln wird und es keinen Platz mehr gibt für Arroganz und Aggression“, hieß es in einer Stellungsnahme der Islamisten.

In der Nacht zu Samstag hatten Randalierer die israelische Mission im Stadtteil Dokki zwölf Stunden lang belagert, angegriffen und teilweise geplündert. Botschafter Yitzhak Levanon musste zusammen mit 80 israelischen Staatsbürgern in einer dramatischen Nachtaktion nach Tel Aviv evakuiert werden. Bei anschließenden Krawallen im Umkreis der Botschaft, die in einem Bürohochhaus am Nilufer untergebracht ist, waren drei Menschen gestorben und über tausend verletzt worden.

Sechs israelische Beamte saßen stundenlang in einem Sicherheitsraum fest, nachdem sie sich mit gezückten Waffen in letzter Minute hinter einer Stahltür vor den Angreifern hatten verbarrikadieren können. Sie mussten von einer ägyptischen Sondereinheit in Sicherheit gebracht werden. Nach Augenzeugenberichten hatten ägyptische Polizeikräfte die Randalierer am Abend zunächst stundenlang gewähren lassen und lediglich die Zugänge zur benachbarten saudischen Botschaft abgeriegelt. Erst nach Mitternacht gingen eilig herbeibeorderte Soldaten entschieden gegen die Randalierer vor, nachdem US-Präsident Barack Obama die ägyptische Militärführung persönlich per Telefon alarmiert hatte.

International wurden die Ausschreitungen einhellig verurteilt. Das Weiße Haus äußerte sich „tief besorgt“ und appellierte an Ägypten, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Ähnlich äußerten sich auch eine Reihe anderer westlicher Staaten. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ließ in Berlin erklären, eine weitere Eskalation müsse unbedingt vermieden werden.

Aversionen gegen Israel sind in der ägyptischen Bevölkerung weit verbreitet, ungeachtet des 1979 geschlossenen Friedensvertrages zwischen beiden Ländern. Nach dem vom ägyptischen Volk erzwungenen Rücktritt von Präsident Husni Mubarak im Februar dieses Jahres hatte die internationale Öffentlichkeit das Verhältnis zu Israel mit besonderer Sorge beobachtet. Mubarak hatte sich stets für die Einhaltung des Friedensvertrages eingesetzt, in weiten Teilen der der Bevölkerung war sein pro-israelischer Kurs hingegen angefeindet worden.

Stark angefacht wurden die anti-israelischen Aggressionen Mitte August durch den Tod von sechs Grenzpolizisten, die auf dem Sinai in einem Patrouillenfahrzeug unterwegs waren. Israelische Einheiten hatten nach einem Terrorüberfall nahe dem Badeort Eilat, bei dem acht Menschen ermordet wurden, teilweise auf ägyptischem Territorium operiert und die Männer unter Feuer genommen. Die ägyptische Bevölkerung verlangt eine offizielle Entschuldigung Israels für diesen blutigen Zwischenfall.

Für Israel kommt der drastische Einbruch im Verhältnis zu Ägypten zu einem Zeitpunkt, wo auch die Beziehungen zu seinem langjährigen Verbündeten Türkei auf einem Tiefpunkt angekommen sind. Ankara verlangt von Jerusalem eine offizielle Entschuldigung für seine Kommandoaktion gegen die Gaza-Hilfsflotte im Mai 2010, bei der neun türkische Aktivisten getötet wurden. Vor zehn Tagen wies die Regierung den israelischen Botschafter aus und legte die militärische Zusammenarbeit auf Eis. Am heutigen Montag reist Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan als erster türkischer Regierungschef seit 15 Jahren nach Kairo. Dort will er in einer Grundsatzrede die Vorstellungen seines Landes zur Zukunft des Nahen und Mittleren Ostens darlegen.

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