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Streitfall Nord Stream 2. Die Ostseepipeline wird in den Sanktionplänen der USA scharf kritisiert.

© Jens Büttner,dpa

Nach Beschluss des US-Repräsentantenhauses: Deutsche Wirtschaft wegen Russland-Sanktionen alarmiert

Bundesministerin Zypries kritisiert die Pläne der USA für eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen. Der deutsch-russische Handel kommt gerade wieder in Schwung.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat vor neuen Russland-Sanktionen der USA gewarnt. Diese Sanktionen seien „ein weiterer Punkt in dem ohnehin gerade nicht einfachen Verhältnis, der uns Kummer macht“, sagte Zypries in der ARD. Deutsche Unternehmen mit Investitionen in Russland drohten durch die Sanktionen in Mitleidenschaft gezogen zu werden, erklärte die Ministerin. Zuvor hatte bereits Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) den Gesetzentwurf in den USA massiv kritisiert. Die Bundesregierung befürchtet, dass mit dem neuen Gesetz auch Sanktionen gegen Firmen verhängt werden, die in das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 investieren, das ab 2019 die bestehende Erdgasleitung durch die Ostsee ergänzen und mehr russisches Gas nach Deutschland bringen soll.

Zurück im Geschäft

EU-Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker hatte bereits am Mittwoch mögliche Gegenmaßnahmen angekündigt, ohne näher zu erklären, welche gemeint sein könnten. „Wenn unsere Bedenken nicht ausreichend berücksichtigt werden, sind wir bereit, innerhalb von wenigen Tagen zu reagieren“, warnte Juncker.

Für die deutsche Wirtschaft kommt das US-Sanktionsgesetz zur Unzeit. Nach Jahren massiven Rückgangs steigt das Handelsvolumen mit Russland wieder kräftig an – und das trotz der Sanktionen. Diese würden „von deutschen Firmen absolut korrekt und transparent beachtet“, versicherte Michael Harms, Geschäftsführer des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, am Donnerstag. In den ersten fünf Monaten 2017 ist im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres ein Wachstum von knapp 32 Prozent zu verzeichnen: von 18,5 auf 24,4 Milliarden Euro.

"Wie ein Damoklesschwert"

Das US-Gesetz schwebe „nun wie ein Damoklesschwert über europäischen Firmen, die sich im Energiesektor engagieren“, sagte Harms. Es gehe um weit mehr als die weitere Nord-Stream-Pipeline, machte er deutlich: „Insgesamt gibt es rund 90 russische Exportpipelines in 13 Länder. Bei vielen dieser Projekte geht es auch um europäische Partner und um europäische Arbeitsplätze.“ Nord Stream 2 sollte „jetzt erst recht umgesetzt werden“, meinte Harms. Die Pipeline werde helfen, die sinkende Förderung innerhalb der EU auszugleichen und die Preise stabil zu halten. Schiefergas, das die USA anbieten, sei wesentlich teurer.

Die Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus hatten am Dienstag in ungewöhnlicher Geschlossenheit für einen Gesetzentwurf gestimmt, der Sanktionen gegen den Iran, Russland und Nordkorea ermöglicht. 419 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, nur drei dagegen. Der Senat muss den Entwurf noch billigen, seine Zustimmung gilt aber als sicher, weil er einen ersten Entwurf des Gesetzes mit überwältigender Mehrheit gebilligt hatte.

Kritik an nationalem Egoismus

Das Gesetz soll verhindern, dass US-Präsident Donald Trump die von seinem Amtsvorgänger beschlossenen Sanktionen gegen Russland einfach aufhebt und sieht zugleich die Möglichkeit neuer Strafmaßnahmen vor. Im Visier sind dabei Personen, die für Hackerangriffe auf demokratische Institutionen in den USA und im Auftrag der russischen Regierung verantwortlich gemacht werden oder diejenigen, die Waffen an das syrische Regime liefern.

Zum Streitfall zwischen Berlin und Washington wurde jedoch die Tatsache, dass Nord Stream 2 in dem Gesetzentwurf explizit kritisiert wird. Der Ostausschuss verweist darauf, dass in dem US-Gesetzentwurf explizit stehe, die Exporte aus den USA nach Europa sollten angekurbelt, Jobs in den USA geschaffen und die US-Außenpolitik gestärkt werden. „Diese offene Vermischung von politischen Zielen mit eigenen Wirtschaftsinteressen fügt der Akzeptanz der Russland-Sanktionen großen Schaden zu“, erklärte Harms.

Kein Automatismus

Allerdings treten die Sanktionen nicht automatisch in Kraft, sondern es obliegt dem Präsidenten, entsprechende Maßnahmen zu verhängen. Nach massiver Kritik vor allem aus Deutschland und Österreich wurde noch eingefügt, der Präsident möge dies in Absprache mit den Verbündeten entscheiden. Anders als beispielsweise die Bestimmungen über Sanktionen wegen der Hackerangriffe sind die Sanktionen im Energiebereich zudem keine Soll-, sondern nur eine Kann-Bestimmung.

Nord Stream 2 ist zu 100 Prozent im Besitz des Energiekonzerns Gazprom, der vom russischen Staat gelenkt wird. Allerdings haben die deutschen Unternehmen Wintershall und Uniper, die österreichische OMV, die französische Engie und der britisch-niederländische Konzern Shell bereits Investitionen in das Projekt zugesagt.

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