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Nach dem Amoklauf von Newtown: Muss auch Deutschland das Waffenrecht verschärfen?

Der Amoklauf in Newtown hat auch in Deutschland erneut eine Diskussion um das Waffenrecht ausgelöst. Kritiker halten es aber immer noch für zu locker.

Nach Ansicht der Regierung muss beim deutschen Waffenrecht nicht nachgebessert werden. Es seien bereits Verschärfungen vorgenommen worden, die die Sicherheit erhöhten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin mit Verweis auf die Aufbewahrungsvorschriften. Tatsächlich zählen die deutschen Waffengesetze zu den strengsten weltweit. Die Vorschriften waren nach dem Amoklauf von Winnenden, bei dem ein Jugendlicher am 11. März 2009 15 Menschen und sich selbst tötete, deutlich verschärft worden. Ihre Einhaltung kann seitdem auch kontrolliert und ein Verstoß dagegen strafrechtlich geahndet werden. Bis zum Alter von 25 Jahren muss man in Deutschland für den Erwerb großkalibriger Waffen eine psychologische Untersuchung bestehen; bereits geringe Verstöße gegen die Regeln ziehen den Entzug der Erlaubnis nach sich.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums verwies am Montag auf das nationale Waffenregister, das Anfang 2013 an den Start geht. Anstelle der bisher 550 lokalen Waffenbehörden wird künftig an einer zentralen Stelle erfasst, wer welche Waffe besitzt. Die Einrichtung eines solchen Registers schreibt eine EU-Richtlinie bis spätestens 31. Dezember 2014 vor.

Dennoch gibt es auch nach der Bluttat im amerikanischen Newtown wieder Forderungen aus der Politik, beim Waffenrecht noch restriktiver vorzugehen. Grünen-Chef Cem Özdemir sprach sich in der „Berliner Zeitung“ für ein komplettes Verbot von Schusswaffen in Privathaushalten aus. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) forderte, die Anzahl großkalibriger Waffen zu reduzieren und sie zumindest im Schießsport ganz zu verbieten. Für eine entsprechende Initiative im Bundesrat hat Baden-Württemberg bisher keine Mehrheit erhalten. Eine Aufbewahrung von Waffen in Privaträumen generell zu verbieten und sie nur noch in Schützen- und Vereinsheimen zu lagern, hält Gall hingegen für nicht sinnvoll. Diese Häuser seien baulich nicht dafür geeignet, eine große Zahl von Waffen und Munition zu lagern, sagte er im Deutschlandfunk.

Erst im Mai dieses Jahres hatte der Innenausschuss des Bundestags auf Antrag der Grünen über notwendige Konsequenzen nach den Anschlägen von Winnenden und dem norwegischen Utoya diskutiert. Dort warnten die meisten Sachverständigen vor einer zentralen Lagerung von Sport- und Jagdwaffen. Sie verwiesen zum Beispiel darauf, dass die Terroristen des NSU solche Lager ausgespäht hatten. Straftäter könnten sich also wesentlich leichter bedienen.

Derzeit gibt es in Deutschland etwa sechs Millionen legale Waffen. Sie sind in Besitz von Sportschützen, Jägern oder auch Museen. Weitaus größer jedoch ist die Zahl der illegalen Waffen, Schätzungen zufolge sollen es zwischen 20 und 30 Millionen sein. Und die sind das eigentliche Problem, wie das Bundeskriminalamt (BKA) im gerade fertiggestellten „Bundeslagebild Waffenkriminalität 2011“ ausdrücklich bestätigte. Während seit 1990 etwa 120 Menschen durch legale Waffen ums Leben kamen, liegt die Zahl der mit illegalen Waffen getöteten Menschen in Deutschland inzwischen bei etwa 3000. Lars Winkelsdorf (mit epd)

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