zum Hauptinhalt
Vereint gegen jede Form von Terror, fordert dieses Plakat nach dem jüngsten Anschlag in London.

© AFP

Nach dem Anschlag von London: Den Terror müssen Demokraten gemeinsam bekämpfen

Racheakte spielen dem IS in die Hände. Gegen Islamhasser wie Islamisten müssen Demokratien und damit jeder einzelne Demokrat gemeinsam vorgehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Wieder hat ein Anschlag London getroffen, wieder missbrauchte der Täter ein Fahrzeug als Waffe gegen Passanten. Doch diesmal war der Terrorist keiner der üblichen Verdächtigen. Kein Islamist, kein Anhänger des IS oder von Al Qaida, kein selbstradikalisierter Muslim. Diesmal war der Täter offenkundig ein Islamhasser, vielleicht ein psychisch gestörter, der Muslime für den Terror von Islamisten bestrafen wollte. Mit den Methoden des IS. Was für ein Wahnsinn. Und womöglich eine neue Stufe der Eskalation.

Nicht nur in Deutschland befürchten die Sicherheitsbehörden schon länger, dass der „Modus operandi“ islamistischer Anschläge nachgeahmt wird. Nicht nur von Islamisten selbst, sondern auch von ihren Feinden. Fährt ein „Gläubiger“ mit einem Lkw „Ungläubige“ zu Tode, darf ein „Ungläubiger“ auch mit einem Fahrzeug in „Gläubige“ rasen. Diese Logik ist pervers. Und hochgefährlich. Nicht nur, weil ein Anschlag mit einem Fahrzeug keinen großen Aufwand erfordert – ein Nachahmer, mag er noch so beschränkt sein, muss lediglich das Gaspedal treten. Oder er kopiert eine der islamistischen Messerattacken und sticht auf Menschen ein, die wegen Kopftuch oder Vollbart Muslime sein könnten. Do-it-yourself-Terror kann jeder, der genügend verroht ist. Aber damit ist die auch perspektivische Brisanz des jüngsten Londoner Anschlags nur teilweise erklärt.

Der Angriff ist ein Akt barbarischer Rache

Der Angriff ist ein Akt barbarischer Rache, den vermutlich viele Islamhasser in den Gesellschaften des Westens zumindest klammheimlich begrüßen. Endlich trifft es mal Muslime. Jetzt sehen sie, wie es ist, wehrlos Terroristen ausgeliefert zu sein, die aus dem Nichts auftauchen und zuschlagen.

Diese Mentalität entspricht der archaischen Blutlogik des Auge um Auge, Zahn um Zahn. Und es ist ja nicht so, dass der muslimfeindliche Anschlag in London plötzlich einen Hass sichtbar macht, den im Westen keiner ahnen konnte. In Deutschland registrierte die Polizei im vergangenen Jahr mehr als 90 Angriffe auf Moscheen und weitere islamische Einrichtungen. Und das ist lediglich ein Teil der islamfeindlichen Straftaten. Da verwundert es fast, dass die Täter bislang nur herkömmliche Tatmittel nutzen, vom Knüppel über die Brandflasche bis zur Rohrbombe. Doch das könnte sich nun ändern.

Genau solche Angriffe wünschen sich IS und Al Qaida

Genau das wollen der IS und Al Qaida. Der Westen soll sich vom Recht abwenden und in Rache abgleiten. Denn jeder Angriff eines „Ungläubigen“ auf einen Muslim ist Munition für die Propaganda der militanten Islamisten. Umgekehrt profitieren Neonazis und andere Islamhasser von islamistischen Attacken. Diese Dynamik verwandelt Menschen in mörderische Irre.

Dagegen müssen sich die Demokratien und damit jeder einzelne Demokrat, ob Christ, Muslim, Atheist, Linker oder Konservativer, stemmen. Gemeinsam. Und es gilt, Zeichen zu setzen. Für ein ziviles Zusammenleben. Deshalb ist es bitter, dass am Sonnabend in Köln bei der muslimischen Demonstration gegen den Terror nur wenige mitmachten und der türkische Moscheenverband Ditib abseits blieb. Solche Leere bedeutet mehr Raum für Fanatiker wie in London. Die der Terror anstachelt. So oder so.

Zur Startseite