zum Hauptinhalt
Der Sarg mit dem russischen Botschafter wurde von Ankara nach Moskau gebracht.

© Adem Altan/AFP

Nach dem Attentat in der Türkei: Nah am Präsidenten

Der Attentäter von Ankara bewachte auch Staatschef Erdogan. Die islamistische Nusra-Front bekennt sich zu dem Mord an dem russischen Botschafter.

Die türkischen Sicherheitsbehörden stehen nach dem Mord an dem russischen Botschafter in Ankara im Zentrum peinlicher Enthüllungen. Laut Presseberichten war der junge Polizist Mevlüt Mert Altintas, der den Diplomaten Andrej Karlow am Montag niederschoss, in den vergangenen Monaten mehr als ein halbes Dutzend Mal im Sicherheitstross von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eingesetzt worden.

Erst vorige Woche soll Altintas an der Absicherung der russischen Botschaft in Ankara während einer Protestdemonstration teilgenommen haben. Auch bei der Aufklärungsarbeit erscheinen die türkischen Ermittler nicht im besten Licht. Die Polizei habe es nicht geschafft, die Zugangscodes zu Altintas‘ Handy zu knacken – das Gerät sei deshalb nach Moskau geschickt worden, meldeten die Zeitungen.

Unterdessen streiten sich Regierungsgegner und -anhänger darüber, in wessen Auftrag Altintas handelte. Russische Medien und türkische Journalisten berichteten von einem Bekennerschreiben der Nusra-Front, des Al-Qaida-Ablegers in Syrien. Einige der Parolen, die Altintas nach den tödlichen Schüssen auf Karlow schrie - „Vergesst Aleppo nicht, vergesst Syrien nicht“, rief der junge Mann auf Türkisch. „Solange unsere Städte nicht sicher sind, seid ihr auch nicht sicher“ - sollen Zitate aus Nusra-Texten gewesen sein.

Das Erdogan-Lager besteht dagegen darauf, dass Altintas von der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gesteuert wurde. Das Nusra-Schreiben sei eine Fälschung, betonten Anhänger des Staatspräsidenten auf Twitter. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, die Regierungen in Moskau und Ankara seien sich einig, dass Gülens Bewegung hinter dem Anschlag stecke. Allerdings wollte sich der Kreml dieser Einschätzung nicht anschließen: Es sei noch zu früh, um solche Aussagen treffen zu können.

Der Streit um die Deutungshoheit ist politisch bedeutsam: Die Regierung in Ankara ist stark daran interessiert, ihre Einstufung der auch für den Putschversuch vom Sommer verantwortlich gemachten Gülen-Bewegung als Terrororganisation zu untermauern. Ziel ist es, die USA zur Auslieferung des 78-jährigen Predigers zu bewegen. Gülen, der seit fast 20 Jahren in Pennsylvania lebt, hat jede Beteiligung an dem Putsch und an dem Mord an Karlow dementiert.

Der türkische Präsident Erdogan empfing am Mittwoch das syrische "Twitter-Mädchen" Bana aus Aleppo.
Der türkische Präsident Erdogan empfing am Mittwoch das syrische "Twitter-Mädchen" Bana aus Aleppo.

©  Ozer/AFP

Staatschef Erdogan hat sich derweil am Mittwoch Zeit für ein Treffen mit dem syrischen „Twitter-Mädchen“ Bana genommen. „Unser Mädchen aus Aleppo, Bana al-Abed, und ihre Familie haben uns die Freude gemacht, uns im Präsidentenpalast zu besuchen“, schrieb Erdogan im Kurzbotschaftendienst Twitter. Bana und ihre Mutter Fatemah hatten in den vergangenen Wochen regelmäßig auf Twitter über den Kriegsalltag in Aleppo berichtet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false