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Aus- und Einstieg. Viel mehr Einigkeit gibt es über die Energieversorgung in Deutschland noch nicht. Am Freitag treffen sich die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin, um über den Ausbau erneuerbarer Energien und die Kosten dafür zu reden. Foto: Carsten Rehder/dpa

© dpa

Politik: Nach dem Moratorium

Bürger würden höhere Strompreise dulden – Merkel lädt zum Energiegipfel

Berlin - Immerhin 101 Entwicklungsorganisationen, Umweltverbände und Unternehmen haben sich bereits auf einen Sechspunkteplan für die künftige Energieversorgung geeinigt. Pünktlich zum Energiegipfel, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Freitag, genau einen Monat nach der Ausrufung ihres Atommoratoriums, alle 16 Ministerpräsidenten ins Kanzleramt eingeladen hat, haben die Verbände ihn vorgelegt. Brot für die Welt, Germanwatch, Greenpeace, Oxfam und der WWF verlangen neben dem Atomausstieg auch, dass keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden. Stattdessen sollten die erneuerbaren Energien schneller ausgebaut werden, Deutschland solle sich zudem ein ehrgeiziges Ziel zur Erhöhung der Energieeffizienz setzen, damit der Energieverbrauch insgesamt sinkt. Zudem fordern die Verbände eine Vorbildrolle Europas im Klimaschutz wie bei der Erhöhung der Energieeffizienz.

Christoph Bals von Germanwatch fühlt sich in diesen Forderungen von der Mehrheit der Deutschen unterstützt. Eine von Germanwatch bei Forsa in Auftrag gegebene Meinungsumfrage habe ergeben, dass 73 Prozent der Befragten auch dann „hinter einem beschleunigten Ausbau von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz stehen, wenn dadurch vorüberziehend die Strompreise steigen sollten“. Übrigens seien auch nur vier Prozent der Bürger gegen eine Beschleunigung des Netzausbaus, sagt Bals. Allerdings wünschen sich 80 Prozent eine frühzeitige Einbeziehung in die Planung und verlangen, dass „die Vision für das Energiesystem stimmt“, fügt Bals hinzu.

Dagegen warnt der Chef des Energiekonzerns RWE, Jürgen Großmann, vor einem übereilten Atomausstieg. „Wir brauchen auch das Geld aus der Kernenergie für den Umbau der Energiewirtschaft“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Großmann meint damit wohl vor allem RWE. Als er 2007 sein Amt angetreten hatte, gehörte RWE zu den Konzernen, deren Investitionen in erneuerbare Energien nahe null lagen. Inzwischen investiert RWE zwar in erneuerbare Energien, wenn auch überwiegend im Ausland. Doch Geld verdient RWE nach wie vor mit abgeschriebenen Atom- und Braunkohlekraftwerken. RWE braucht die Gewinne aus den Atomkraftwerken offensichtlich tatsächlich, um den Umbau des Konzerns zu finanzieren. Unterstützung bekommt Großmann vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU), der dem „Stern“ sagte: „Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wir könnten uns von der Kernkraft verabschieden und künftig unseren Strombedarf decken, weil jeder hinterm Haus so einen kleinen Kühlschrank stehen hat und dann in Kraft-Wärme-Kopplung machen kann. Das ist absurd.“

Merkel, Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wollen den Ministerpräsidenten jedenfalls ihren eigenen Sechspunkteplan für einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien vortragen. Dabei soll es um mehr Investitionen für den Bau von Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee gehen, aber auch um eine Aufstockung des gerade erst gekürzten Gebäudesanierungsprogramms.

Vor dem Energiegipfel hat der WWF das Öko-Institut ein Argument überprüfen lassen, das im vergangenen Monat mehrfach gefallen ist: die Frage, ob nun vermehrt Atomstrom aus dem Ausland importiert werde. Regine Günther vom WWF sagt dazu, diese Befürchtung lasse sich „mit den aktuellen Entwicklungen auf den Strommärkten nicht belegen“. Das Öko-Institut hat ermittelt, dass seit dem 15. März etwa 4000 Megawatt weniger exportiert und etwa 2000 Megawatt mehr vor allem aus Frankreich und vorübergehend aus Tschechien importiert worden seien. Mit Blick auf den Handel mit Kohlendioxid-Zertifikaten hält das Öko- Institut es für unwahrscheinlich, dass es sich dabei um Atomstrom handelte. Denn es seien mehr CO2-Zertifikate gehandelt worden, was dafür spreche, dass der Strom aus Kohlekraftwerken stamme.

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