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Frauke Petry, Chefin der AfD.

© Reuters

Nach dem Parteitag von Hannover: Die Reaktion auf die AfD muss kühl sein

Mit rhetorischer Dramatisierung wird der Aufstieg der AfD nicht zu stoppen sein. Die Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten sollte eine ernsthafte sein. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Fabian Leber

Wer dachte, die AfD könne sich nicht noch weiter radikalisieren, der wurde am Wochenende eines Besseren – respektive eines Schlechteren – belehrt. Da votierte der Bundesparteitag in Hannover für ein „Asylpapier“, das mit seinem scharfmacherischen Ton über die von Parteichefin Frauke Petry vorgelegte Resolution noch einmal hinausging. Die Ultrarechten in der AfD treiben Petry vor sich her. Entsprechend musste auch die Vorsitzende ihre Tonlage verschärfen. Den Hass in der Gesellschaft bezeichnete sie als „Symptom einer nicht vorhandenen Diskussion“ in der Flüchtlingsfrage. Es klang wie eine Rechtfertigung für alle möglichen Taten.

Verschärft hat sich aber auch der Ton der AfD gegenüber. Der Bundesjustizminister nennt sie demokratiefeindlich, der Vizekanzler „offen rechtsradikal“, Hotels in Hannover stornierten Buchungen von Delegierten, öffentlich-rechtliche Sender machen einen Bogen um AfD-Politiker. Schon werden Rufe nach dem Verfassungsschutz laut. Man kann das alles für richtig halten. Abgrenzungen dieser Art mögen das Gefühl vermitteln, historisch auf der richtigen Seite zu stehen. Angesichts fast zweistelliger Umfragewerte aber muss man auch nüchtern konstatieren: Von der politischen Bildfläche ist die AfD dadurch nicht verschwunden.

Eher haben Dämonisierungen die Partei zusammengeschweißt. Die AfD lebt geradezu vom Opferkult. Er überlagert innere Widersprüche, lässt aus dem christdemokratischen Bürgertum stammende Kräfte weiterhin mit dem extrem rechten Flügel zusammen marschieren. Dabei ist es gerade die permanente Doppeldeutigkeit, die die AfD so gefährlich macht. Trotz allem ist sie eben nicht einfach eine NPD-Kopie. Ihre Repräsentanten beherrschen das Spiel mit Worten und Andeutungen, ohne die Grenze zur Volksverhetzung zu überschreiten. Sie müssen nicht zu völkischem Pathos greifen, um ihre Ressentiments zu transportieren. So gesehen schadet der Thüringer Fraktionschef Björn Höcke mit seiner verquasten deutschnationalen Rhetorik der Bundes-AfD vermutlich eher, als dass er ihr nützt.

Das Schlimmste, was der AfD passieren kann

Was heißt das für die Auseinandersetzung mit der AfD? Je rauer und aufbrausender die Partei sich gebärdet, desto kühler und sachlicher müsste die Reaktion auf sie sein. Fast alle Vorschläge der AfD sind so unseriös und unausgegoren, dass man keine Angst vor ihnen haben muss. Sie mit Argumenten, Fakten und praktischen Beispielen zu widerlegen, ist das Schlimmste, was der AfD passieren kann. Wenn die AfD eine ernsthafte Bedrohung ist, dann muss auch die Antwort auf sie ernsthaft sein und kann nicht in erster Linie aus rhetorischer Dramatisierung bestehen.

Klar ist aber auch, dass das Vertrauen in die Flüchtlingspolitik der Regierung steigen muss, soll der Aufstieg der AfD gestoppt werden. Deutschland würde sonst das erleben, was viele europäische Staaten schon kennen: die Etablierung einer rechtspopulistischen Partei. Am Beispiel Frankreichs kann man sehen, wie dies das politische Klima vergiftet, den Handlungsspielraum von Regierungen einschränkt, eine offene Einwanderungspolitik unmöglich macht. Das alles muss die Kanzlerin bedenken. Auf lange Sicht wäre wenig gewonnen, wenn Angela Merkels Deutschland zwar „ein freundliches Gesicht zeigt“, gleichzeitig aber eine xenophobe Partei im Bundestag landet.

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