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Ein Soldat wertet Luftbilder eines deutschen Aufklärungsfluges im Kampf gegen den IS aus.

© AFP

Nach dem Terroranschlag in Nizza: Einsatz aus Solidarität mit Frankreich

Deutschland engagiert sich im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Der ist geschwächt – und setzt wohl gerade deshalb auf Terror.

Der deutsch-französische Grünenpolitiker Daniel Cohn-Bendit hat als Reaktion auf den Anschlag in Nizza einen Einsatz der Vereinten Nationen (UN) gegen den „Islamischen Staat“ (IS) ins Gespräch gebracht. „Da muss eine UN-Resolution her, und dann müssen alle sich beteiligen“, sagte Cohn-Bendit dem Deutschlandfunk. In Syrien und im Irak sind die Extremisten allerdings schon jetzt auf dem Rückzug. Und setzen möglicherweise genau deshalb auf die Waffe des Terrors. „Die Anschläge sollen von den Verlusten und Niederlagen auf dem Schlachtfeld ablenken“, sagte der Terrorismus-Experte Peter Neumann vom renommierten Londoner King’s College kürzlich dem Tagesspiegel. Die Dschihadisten wollten bei ihren Anhängern Stärke demonstrieren. „Nicht zuletzt, weil das Projekt eines ,Kalifats’ ins Stocken geraten ist, wenn nicht gar gänzlich vor dem Scheitern steht.“
Einen Großteil der in Syrien und dem Irak eroberten Gebiete hat der IS inzwischen verloren. Zuletzt wurde die Miliz aus der irakischen Großstadt Falludscha vertrieben. Auch seine Einnahmequellen versiegen, vor allem weil es der Anti-IS-Allianz gelungen ist, den Ölschmuggel weitgehend zu unterbinden. Auch Deutschland engagiert sich in der Krisenregion. Im Irak trainieren Bundeswehrsoldaten kurdische Peschmerga und liefern diesen auch Waffen für ihren Kampf gegen den IS. Nach den Terroranschlägen in Paris im November vergangenen Jahres entsandte der Deutsche Bundestag aus Solidarität mit Frankreich außerdem sechs Tornadoaufklärungsflugzeuge und ein Luftbetankungsflugzeug, die von der Türkei aus Einsätze über Syrien fliegen. Eine deutsche Fregatte begleitete zudem zeitweise den französischen Flugzeugträger Charles de Gaulles bei seinem Einsatz vor der syrischen Küste im Mittelmeer.
Vor allem die Aufklärungsergebnisse der Tornados würden von der internationalen Allianz geschätzt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag dem Tagesspiegel. „Die Tornados liefern hochauflösende Bilder, die für unsere Partner sehr wichtig sind.“ Rund 400 Mal waren je zwei Tornados in diesem Jahr schon über Syrien unterwegs.
Der Einsatz deutscher Bodentruppen in Syrien oder dem Irak stand jedoch zu keinem Zeitpunkt zur Debatte. Auch Frankreich hat dies bisher nicht in Erwägung gezogen. Die USA setzen hingegen kleinere Spezialkommandos gegen den IS ein.

Friedensprozess für Syrien stockt

Allein militärisch sei der Kampf gegen die Terrormiliz aber nicht zu gewinnen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes (AA) am Freitag. Die deutsche Außenpolitik setzt daher auch weiter auf politische Lösungen. Im Mittelpunkt steht dabei Syrien, wo neben dem IS weitere Extremisten und auch das Regime von Machthaber Baschar al Assad die Bevölkerung terrorisieren. Die syrische Opposition hatte allerdings im April die international moderierten Friedensgespräche für Syrien aus Protest gegen Angriffe von Assads Armee auf Zivilisten verlassen. UN-Sonderbeauftragter Staffan de Mistura hatte dennoch kürzlich die Hoffnung geäußert, die Gespräche könnten im Juli wieder aufgenommen werden. Einen neuen Termin gibt es aber bisher nicht. Um Frankreich zu entlasten, hat Deutschland parallel sein militärisches Engagement in Afrika ausgeweitet. Auch hier geht es darum, den Vormarsch islamischer Extremisten zu verhindern. In Mali, das im Januar 2013 von Rebellen beinah überrannt worden wäre, beteiligt sich die Bundeswehr an einer Ausbildungsmission der EU und an einem UN-Blauhelmeinsatz. Deutsche Soldaten fahren hier unter anderem Aufklärungs-Patrouillen im gefährlichen Norden des Landes. Nordafrika und die Sahelzone gelten insgesamt als mögliches neues Aufmarschgebiet des „Islamischen Staats“ und anderer Extremisten. In Libyen hat der IS Fuß gefasst, in anderen Staaten sind Netzwerke von Al Qaida aktiv. Angesichts von Armut und Staatszerfall stoßen die Heilsbotschaften der Islamisten in der Region auf große Resonanz. Deshalb gelingt es dem IS, gerade hier neue Kämpfer für seine Kriege und auch für Terroranschläge zu rekrutieren.

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