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Beckstein Huber

© dpa

Nach den Kommunalwahlen: "Es geht was in Bayern"

In Bayern schienen die politischen Verhältnisse lange Zeit zementiert zu sein. Doch nach den Verlusten bei den Kommunalwahlen deutet sich an, dass die Staatspartei CSU bei den kommenden Landtagswahlen zum ersten Mal um ihre Mehrheit zittern muss - wegen der Kleinen.

In der CSU wächst die Nervosität - aus gutem Grund. Zwar feiern die Christsozialen ihren Sieg am Sonntag bei der Oberbürgermeister-Stichwahl in Augsburg als Auferstehung der Partei in den bayerischen Großstädten. Insgesamt aber fällt die Bilanz der Kommunalwahlen für die CSU angesichts diverser unerwarteter Schlappen und landesweiter Stimmenverluste ernüchternd aus. Sechs Monate vor der Landtagswahl scheint erstmals seit Jahrzehnten ein Ende der schwarzen Alleinherrschaft im Freistaat wirklich möglich. Eine Schlüsselrolle werden dabei im Herbst wohl die kleinen Parteien spielen.

Zwar betont CSU-Chef Erwin Huber, er sehe seine Partei durch die Kommunalwahlen "gestärkt". Aber insbesondere das Image des CSU-Führungstandems aus Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein hat durch die Abstimmungen erhebliche Kratzer abbekommen. Durch den parteiinternen Streit um das Rauchverbot nach den Stimmenverlusten bei den Stadtrats- und Kreistagswahlen ist es auch mit der Harmonie zwischen Landtagsfraktion und Staatsregierung vorbei. Wie zu Zeiten von Edmund Stoiber fühlt sich manch CSU-Parlamentarier einmal mehr entmündigt.

Keine Vorteile aus dem Stoiber-Sturz

Stoiber war letztlich auch wegen der Landtagswahl und der Angst vor einem Einbruch gestürzt worden. Viele CSU-Landtagsabgeordnete hatten nicht nur dessen selbstherrlichen Regierungsstil satt, sondern fürchteten angesichts der Landtagswahl auch um ihr Mandat. Durch einen raschen Wechsel an der Spitze, so das Kalkül, könnten massive Verluste möglicherweise noch vermieden werden. Doch diese Rechnung scheint mehr als ein Jahr nach der Revolte gegen Stoiber nicht aufzugehen.

Viel abhängen wird im September vom Resultat der kleineren Parteien, die bei den Kommunalwahlen allesamt zugelegt haben. Vor allem die Frage, ob Freie Wähler und FDP den Sprung in den Landtag gelingt, könnte für die Mehrheitsverhältnisse mit entscheidend sein. "Dass die Freien Wähler die fünf Prozent schaffen können, ist sehr gut möglich, aber nicht gesichert", sagt der Münchner Politikwissenschaftler Michael Weigl. "Das ist wohl der größte Unsicherheitsfaktor bei der Landtagswahl. In dem Moment, wo die Freien Wähler in den Landtag kommen, wäre das für die CSU sehr problematisch für die Mehrheitsbildung."

Freie Wähler sehen sich als Alternative

Aus den Kommunalwahlen sind die Freien Wähler (FW) als einer der Sieger hervorgegangen. Und FW-Landeschef Hubert Aiwanger ist sich sicher, dass es seiner Partei dieses Mal gelingen wird, den Schwung aus den Kommunen in den Landtagswahlkampf mitzunehmen. "Die Etablierten haben versagt - da sind wir die erste Anlaufstation", sagt er. Der Bürger in Bayern wähle "nicht mehr blind wie früher". Die CSU hält Aiwanger für "deutlich angeschossen", auch weil das Führungsduo überraschend schwach agiere. "Dieses Tandem spielt uns in die Hände, ganz klar."

Ähnlich fällt die Analyse der Grünen aus: "Beckstein und Huber haben geglaubt, als Nachlassverwalter von Stoiber die Wahl gewinnen zu können", sagen die Landesvorsitzenden Theresa Schopper und Sepp Daxenberger. "Damit haben sie sich kräftig verspekuliert. Der Ausgang der bayerischen Landtagswahl ist offener denn je."

Der bayerische SPD-Fraktionschef Franz Maget sieht bayernweit "eine starke Bewegung gegen die CSU" und bereits "andere Zeiten" im Freistaat anbrechen. "Die Bürger haben fast überall den Wechsel gewählt", sagt er mit Blick auf die Stichwahlen vom Sonntag. Zwar räumt er ein, dass die SPD mit ihrem Stimmenanteil von etwas mehr als 20 Prozent bei den Kommunalwahlen nicht zufrieden sein könne. Aber der Abstand zwischen SPD und CSU bei der Landtagswahl von rund 40 Prozent habe sich auf etwa 20 halbiert, sagt Maget und resümiert: "Es geht was in Bayern."

Petr Jerabek[ddp]

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