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Blockiert. Seit Wochen kommt es in Abidjan zu Zusammenstößen.

© AFP

Nach den Wahlen: Elfenbeinküste: Einer gegen alle

Der bisherige Präsident Laurent Gbagbo ist von der Bevölkerung der Elfenbeinküste abgewählt worden, hält aber trotz Rücktrittsforderungen weiter an der Macht fest.

Berlin - Im Sommer 2009 hat der Premierminister des rechtmäßigen Präsidenten der Elfenbeinküste, Guillaume Soro, in einem Interview mit der Berliner „Tageszeitung“ gesagt: „Unser Friedensprozess ist unumkehrbar, weil er von den ivorischen Akteuren selbst getragen wird.“ Damals war Soro noch Premierminister des nun abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo, der nicht weichen will. Am späten Mittwochabend hat Soro ein „gewaltsames Eingreifen“ der Vereinten Nationen und der Europäischen Union gefordert, um den gewählten Präsidenten Alassane Ouattara vier Wochen nach der Wahl endlich ins Amt zu bringen.

Nach Angaben der amerikanischen Botschafterin beim UN-Menschenrechtsrat in Genf, Betty E. King, sind seit Bekanntgabe des Wahlergebnisses Anfang Dezember etwa 200 Menschen ermordet worden. Diese Angaben lassen sich wegen der Sicherheitslage derzeit nicht überprüfen. Die rund 9000 Blauhelme der Vereinten Nationen, die seit 2004 die Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden des Landes bewachen, stehen selbst unter Druck. Rund 800 sind damit beschäftigt, den gewählten Präsidenten Alassane Ouattara in einem Hotel am Stadtrand von Abidjan zu bewachen. Die Gbagbo-loyalen Sicherheitskräfte der Elfenbeinküste sowie seine Parteijugend haben angefangen, die Nachschubwege der Blauhelme zu blockieren. Der Chef der UN-Friedensmission, Alain Leroy, sagte der französischen Zeitung „Le Figaro“: „Gbagbos Anhänger versuchen unsere Leute einzuschüchtern, sogar in ihren Wohnungen.“ Vor wenigen Tagen hatte der seit 2000 regierende Gbagbo die UN-Truppen und die rund 1000 französischen Soldaten im Land zum Abzug aufgefordert. Der UN-Sicherheitsrat hat stattdessen das UN-Mandat um ein halbes Jahr verlängert und diskutiert über eine mögliche Aufstockung.

Marina Schuster, Afrika-Expertin der FDP-Fraktion im Bundestag, findet, dass die internationale Gemeinschaft bisher eigentlich „alles richtig gemacht“ hat. Tatsächlich haben die westlichen Regierungen allesamt Ouattara als Präsidenten anerkannt. Die Afrikanische Union und Ecowas, die westafrikanische Regionalorganisation, haben sofort reagiert. Auch sie bestehen darauf, das Gbagbo abtritt, und weil er das bisher nicht getan hat, haben sie die Elfenbeinküste suspendiert. Die Europäische Union und die USA haben Reisesanktionen gegen Gbagbo und seine Gefolgsleute ausgesprochen, die Weltbank hat ihre Investitionen im Land eingefroren. „Die Geschlossenheit der internationalen Gemeinschaft ist da“, sagt Schuster. Die Botschaft sei eindeutig: „Wir lassen das diesmal nicht durchgehen.“ Allerdings scheint dies Gbagbo nicht weiter beeindruckt zu haben. Schuster fragt sich deshalb auch: „Welche Mittel haben wir als internationale Gemeinschaft?“

Andreas Mehler, Direktor des Giga-Instituts für Afrika-Studien in Hamburg, hält die Neuauflage einer Machtteilung, trotz der recht trostlosen Erfahrungen damit, für das womöglich einzige Mittel, ein Abrutschen in den Bürgerkrieg zu vermeiden. Marina Schuster hofft, dass die Afrikanische Union damit erneut den Präsidenten von Burkina Faso, Blaise Compaoré, betraut. Er hatte 2007 das bislang wirksamste Abkommen vermittelt, das – mit fünf Jahren Verspätung – zur aktuellen Wahl geführt hatte. Die AU hat bisher zwei Mal vergeblich den früheren südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki nach Abidjan geschickt. Da die Elfenbeinküste mehr als ein Drittel der weltweiten Kakaoernte produziert und die Preise wieder angezogen haben, besteht Hoffnung, dass die internationale Aufmerksamkeit für die Krise nicht sofort wieder erlahmt.

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