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Jugendliche in einem Internetcafe im Flüchtlingslager Harran in Sanliurfa, im Südosten der Türkei.

© dpa

Nach der Flucht aus Syrien: Die Türkei bietet Flüchtlingen vorbildliche Unterkünfte

Zweiraum-Wohnungen, Schulen, Internetanschluss - die Flüchtlingslager in der Türkei gelten als perfekt und vorbildlich.

Auf den ersten Blick wirkt die weitläufige Containersiedlung im türkischen Öncüpinar nicht besonders einladend. Im Sommer brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel, es ist staubig und hin und wieder weht von der nahen Grenze zu Syrien das Geknatter von Schüssen und der Knall von Explosionen herüber. Und doch ist Öncüpinar ein Ort der Zuflucht. Rund 15.000 Menschen hat der türkische Staat hier untergebracht und sich dabei so viel Mühe gegeben, dass Weltstar und UN-Sonderbotschafterin Angelina Jolie bei einem Besuch staunte, ein so gut ausgestattetes Flüchtlingslager habe sie noch nie gesehen.

Tatsächlich verfügen die Flüchtlinge in Öncüpinar über Annehmlichkeiten, die auch in europäischen Aufnahmezentren nicht selbstverständlich sind. In den Containern sind Zweizimmerwohnungen mit Toilette und Bad eingerichtet, die an Kanalisations- und Trinkwassernetze angeschlossen sind. Das Lager mit seinen Straßen aus Verbundpflastersteinen hat ein Schulgebäude, ein Krankenhaus mit 50 Betten, zwei Moscheen, drei Supermärkte, eine Bank, eine Post und Versammlungsräume für Türkischkurse und andere Veranstaltungen. Eine Art Lagerparlament aus 18 Flüchtlingen kümmert sich um die Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden.

Eine syrische Familie im Flüchtlingslager Akcakale im Südosten der Türkei.
Eine syrische Familie im Flüchtlingslager Akcakale im Südosten der Türkei.

© dpa

Mehr als 100.000 syrische Kinder in Türkei geboren

Jeder Flüchtling in Öncüpinar erhält eine Geldkarte, mit der er für umgerechnet rund 30 Euro im Monat einkaufen kann. Viele Bewohner haben sich häuslich eingerichtet, so gut es eben geht: Sie haben Satellitenschüsseln aufs Dach ihres Containers gepflanzt oder einen Sonnenschutz aus Decken vor den Eingang gespannt. Über vielen Containern weht die Fahne der syrischen Rebellen.

Mehr als 20 Lager für syrische Flüchtlinge hat die Türkei seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Nachbarland im Jahr 2011 gebaut. Einige davon sind in getrennte Viertel für verschiedene Religionsangehörige eingeteilt. In manchen Lagern gibt es Internetanschluss. In der Nähe von Öncüpinar soll demnächst ein weiteres Lager mit einer Kapazität von 55.000 Menschen entstehen. Auf rund acht Milliarden Dollar beziffert Ankara die Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung der Syrer.

Und doch beherbergen die Lager nur 280.000 der insgesamt zwei Millionen syrische Flüchtlinge in der Türkei. Der Rest lebt in Mietwohnungen, bei Verwandten oder auf der Straße. Seit dem Ausbruch des Syrien-Krieges wurden bereits mehr als 100.000 syrische Kinder in der Türkei geboren. Die türkischen Erziehungsbehörden bemühen sich, Schulunterricht für syrische Kinder zu organisieren. Doch bisher sehen zwei von drei jungen Syrern in der Türkei nie ein Klassenzimmer von innen.

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