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Schwarz-Gelb will den Hartz-IV-Satz um fünf Euro im Monat anheben.

© dpa

Nach der Schuldenkrise in Griechenland: Euro-Länder pokern um Stabilitätspakt

Vor dem EU-Gipfel streiten die Euro-Länder darüber, wie sich Schuldenkrisen künftig vermeiden lassen. Warum?

Angela Merkel spielt mit hohem Einsatz. Beim EU-Gipfel, der an diesem Donnerstag in Brüssel beginnt, will sie die europäischen Partner auf künftige Regeln im Umgang mit Defizitsündern verpflichten. Eine Euro-Krise wie im vergangenen Frühjahr soll sich keinesfalls wiederholen – das ist der Leitgedanke der Kanzlerin. Sie will durchsetzen, dass sich die EU-Staaten auf eine striktere Überwachung der Euro- Stabilität einigen. Aber nicht nur das: Aus Merkels Sicht muss zudem ein dauerhafter Krisenmechanismus her, damit in ein paar Jahren an den Finanzmärkten nicht wieder die Spekulation gegen einzelne Krisenländer beginnt. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat Merkel dabei seine Unterstützung zugesichert. Aber in zahlreichen Ländern gibt es Bedenken gegen eine Änderung des EU-Vertrages, auf der Merkel beharrt, um langfristig Spekulationen gegen die Gemeinschaftswährung vorzubeugen. Deshalb gleicht der Gipfel auch einem Pokerspiel – die deutsche Regierungschefin kann nicht sicher sein, dass sie am Ende die besten Karten hat.

Sind Deutschland und Frankreich wirklich einer Meinung?

Berlin und Paris vertreten eigentlich zwei unterschiedliche Lager unter den 16 Euro-Ländern. Frankreich hat sich seit der Einführung der Gemeinschaftswährung als Fürsprecher der südlichen Mitgliedstaaten stets gegen automatische Strafen für Defizitsünder gewehrt. Deutschland hat in der Vergangenheit zwar auch schon gegen den Stabilitätspakt verstoßen und sich wie Frankreich um Sanktionen herumgemogelt. Trotzdem machte sich Merkel gerade auf dem Höhepunkt der Euro-Krise zur Anwältin schärferer Sanktionen, wie sie traditionell von nördlichen Mitgliedsländern der Euro-Zone wie den Niederlanden oder Finnland befürwortet werden. Noch Ende September forderte die Kanzlerin, dass Sanktionen automatisch von der EU-Kommission verhängt werden sollten. „Wir sind für einen möglichst hohen Automatismus“, sagte sie damals. Da dies aber mit Paris nicht zu machen ist, gab Merkel die Forderung auf.

Welche Strafen könnten Defizitsünder künftig erwarten?

Vor eineinhalb Wochen hat die sogenannte Task Force unter Leitung des Belgiers Herman Van Rompuy ihren Abschlussbericht zur Reform des Stabilitätspaktes vorgelegt. Darin wird vorgeschlagen, dass Verstöße gegen den Stabilitätspakt in Zukunft frühzeitiger und härter geahndet werden sollen. Merkel dringt darauf, dass der Van-Rompuy-Bericht beim Gipfel abgesegnet wird. Ein solcher Beschluss gilt allerdings nur als Minimalziel der Bundesregierung. In der Öffentlichkeit hält die Bundesregierung zudem weiter an der Forderung fest, dass notorischen Defizitsündern das Stimmrecht auf europäischer Ebene entzogen wird. Vor allem die kleineren und mittleren EU-Staaten laufen gegen diesen Vorschlag Sturm; es dürfte sich bei dem Treffen in Brüssel kaum eine Mehrheit dafür finden.

Kommt es in Brüssel zu einer Einigung über einen dauerhaften Krisenmechanismus?

Merkel will erreichen, dass der 750-Milliarden-Euro-Schirm zur Rettung der Gemeinschaftswährung, der nur bis 2013 vorgesehen ist, durch eine dauerhafte Lösung ersetzt wird. Berlin setzt sich dafür ein, bei möglichen künftigen Euro-Krisen ähnlich wie bei einer Insolvenzordnung auch private Gläubiger, etwa große Banken, mit zur Kasse zu bitten. Offenbar wollen die meisten Staats- und Regierungschefs darüber nur dann mit sich reden lassen, wenn ihnen eine Änderung des EU- Vertrages im großen Stil und etwaige Referenden erspart bleiben. Beim Gipfel könnte es also auf eine „Vertragsänderung light“ hinauslaufen, bei der sich die Mitgliedstaaten nicht zur Übertragung von Kompetenzen an die EU verpflichten.

Wie wirksam ist der bestehende Euro-Rettungsschirm?

Nach den Worten von Daniel Gros, des Direktors der Brüsseler Denkfabrik „Centre for European Policy Studies“, hat der Rettungsschirm „gewirkt, indem er die Märkte beruhigt hat“ – die Spekulation gegen einzelne Euro-Mitglieder hat zunächst einmal aufgehört. Als positiven Effekt wertet Gros zudem die Tatsache, dass bis dato keines der angeschlagenen Länder der Euro-Zone – zum Beispiel Irland – den Rettungsschirm in Anspruch genommen hat. Langfristig plädiert der Ökonom aber dafür, dass der Schirm durch eine dauerhafte Einrichtung abgelöst wird, mit der bei künftigen Krisen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden könnten: die bisher schon vorgesehene Hilfe für Staaten und – als Neuerung – die Vergabe von Geldern für ins Trudeln geratene Finanzmärkte. Nach Gros’ Vorstellung würde eine solche Hilfe, von der etwa in Schieflage geratene Banken profitieren würden, dann aktiviert, wenn einem notleidenden Staat die Unterstützung durch den Rettungsschirm versagt wird.

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