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Politik: Nach der Wahl des neuen Bundesratspräsidenten billigt die Länderkammer Änderung der Zulassungsordnung: Arzt auch ohne Schul-Abi

Der 69 Jahre alte Kurt Biedenkopf (CDU), erst am vergangenen Mittwoch erneut zum sächsischen Ministerpräsidenten wiedergewählt, ist neuer Präsident des Bundesrates. Turnusgemäß tritt er am 1.

Der 69 Jahre alte Kurt Biedenkopf (CDU), erst am vergangenen Mittwoch erneut zum sächsischen Ministerpräsidenten wiedergewählt, ist neuer Präsident des Bundesrates. Turnusgemäß tritt er am 1. November die Nachfolge von Roland Koch (Hessen/CDU) an. In der 743. Sitzung des Bundesrates am Freitag in Bonn übergab der junge hessische Regierungschef "den Stab an einen alten, erfahrenen Politiker, dem nichts mehr fremd ist". Nach diesem Wechsel, hieß es anschließend, könne sich nunmehr Bundespräsident Johannes Rau in Ruhe operieren lassen. Einem Ondit zufolge hat der Präsident einen möglicherweise nötigen Eingriff (es geht um eine Aorta-Erweiterung) aufschieben lassen, um sich, wenn überhaupt, von Biedenkopf - dem erfahrenen und geschätzten Kontrahenten aus alten NRW-Zeiten - und nicht von Koch im Amt vertreten zu lassen.

Koch zog in seiner Abschiedsrede eine positive Bilanz der Arbeit des Ländergremiums im abgelaufenen Jahr: 70 Gesetzentwürfe, 120 Verordnungen sowie weitere 120 EU-Vorlagen seien "abgearbeitet" worden. Er mahnte für die nahe Zukunft allerdings die Modernisierung des Bundesstaates und eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern an. Unter Hinweis auf die veränderten Mehrheitsverhältnisse sagte Koch, der erst seit Februar im Amt ist, das Ländergremium sei weder "fundamentale Opposition" noch verlängerter Arm und Erfüllungsgehilfe der jeweiligen Bundesregierung. Mit den veränderten Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat nach den jüngsten Landtagswahlen sei "das Gleichgewicht der politischen Kräfte" wieder hergestellt worden. Er äußerte die frohe Erwartung, wenn Hessen in 16 Jahren wieder den Bundesratspräsidenten stellen werde, erneut an diesem Platze zu stehen.

In der äußerst kurzen Sitzung billigte der Bundesrat eine einschneidende Änderung der Approbationsordnung für Ärzte, Tierärzte und Apotheker: Sie können künftig auch ohne Schul-Abitur studieren und ihren Beruf ausüben. Dieser Weg war Teilnehmern des "Zweiten Bildungsweges" bislang versperrt. Im Gerichtswesen soll künftig der Grundsatz "Schlichten statt richten" mehr Gewicht erhalten. Der Bundesrat begrüßte einen Gesetzentwurf der Bundestags-Koalition, wonach künftig vor Einreichung einer Gerichtsklage bei einem Streitwert bis zu 1500 Mark, bei Streit unter Nachbarn wie bei Verletzung der persönlichen Ehre zunächst die Schlichtung versucht werden soll.

Der Bundesrat, der erst im nächsten Frühjahr nach Berlin umziehen kann, mahnte die baldige Klärung immobilienrechtlicher Fragen in den neuen Bundesländern und in Berlin an. Dabei wurde vor allem an drängende Probleme im Zusammenhang mit dem Erwerb öffentlich genutzter privater Grundstücke und dabei an ein gravierendes Berliner Beispiel erinnert: So steht der Fernsehturm am Alexanderplatz auf privatem Grund, dessen Eigentümer entschädigt werden müsse. Die dafür nötigenSummen seien von den Kommunen nicht aufzubringen.

Schließlich wandte sich die Mehrheit des Bundesrats gegen Teile der EU-Pläne, den Kampf gegen illegale Geldwäsche europaweit zu verschärfen: Die Forderung, in Zukunft Spielbankbesucher auf ihre Personalien zu überprüfen, wenn sie mehr als 2000 Mark in Jetons umtauschen, wurde als überzogen abgelehnt; dies sei zudem unpraktikabel.

Klaus J. Schwehn

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