zum Hauptinhalt

Nach der Wahl: Merkel setzt auf neue Gesichter

Schavan raus, Pofalla rein: Bisher galt Merkels Kabinett als ungewöhnlich stabil. Nach der Wahl plant die Kanzlerin aber einen großen Personalumbau.

Nur drei Mal wurde in der vergangenen Legislaturperiode die Spitze eines Bundesministeriums neu besetzt. "Das liegt daran, weil ich so nett bin", pflegt Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel diese ungewöhnliche Kontinuität auf Nachfrage für gewöhnlich zu erklären.

Tatsächlich hat Merkel in den vergangenen vier Jahren nie aktiv einen Minister ausgetauscht, weil sie mit seiner Leistung nicht zufrieden gewesen wäre. Horst Seehofer, Franz Müntefering und Michael Glos gingen mehr oder weniger freiwillig. Dabei gab es gerade auf Unionsseite etliche Kandidaten, die als eher farblos galten.

Die Zäsur der Bundestagswahl will Merkel nun nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel aber zu einem größeren Personalumbau nutzen – immer vorausgesetzt, dass sie dann überhaupt noch über Ministerposten zu entscheiden hat, natürlich.

Weggelobt werden soll demnach offenbar Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Sie gilt zwar als enge Vertraute Merkels. Dennoch gehörte sie zu jenen Unionsministern, die in den vergangen vier Jahren kaum Profil gewannen. Und das, obwohl die Partei das Bildungsthema beispielsweise mit einem mit großem Aufwand inszenierten nationalen Bildungsgipfel in den Vordergrund rückte und dies auch in Zukunft tun will.

Schavan solle stattdessen künftig den Vorsitz der parteinahen Konrad-Adenauer-Stiftung übernehmen, heißt es. Die Amtszeit des derzeitigen Vorsitzenden, des ehemaligen thüringischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel, werde nicht verlängert. Schavan habe intern bereits Bereitschaft für einen Wechsel erkennen lassen.

Nach Einschätzung des Spiegels wird dadurch auch der Wechsel von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als EU-Kommissar nach Brüssel wahrscheinlicher, denn auch Schäuble sei als Chef der Konrad-Andenauer-Stiftung im Gespräch gewesen.

Im Gegensatz zu Schavan gehörte Schäuble durchaus zu den Schwergewichten im bisherigen Kabinett Merkel. Breite Beachtung in der Öffentlichkeit fand beispielsweise die von ihm initiierte Islamkonferenz, mit der erstmals ein Dialog zwischen den Spitzen des Staates und den in Deutschland lebenden Muslimen angestoßen wurde. Auf der anderen Seite hat er Sicherheitsgesetzte wie die neuen Befugnisse für das Bundeskriminalamt auf den Weg gebracht, um die ihn sein SPD-Amtsvorgänger Otto Schily nach eigenen Angaben beneidet.

Schäubles Manko ist vor allem sein Alter. Mit dann 67 Jahren ist er sowohl für eine weitere Runde im Kabinett als auch für den EU-Kommissarsposten schon recht alt. Auch ist er durchaus nicht der einzige der für den Job in Brüssel in Frage kommt. Im Gespräch sind beispielsweise auch der Merkel-Vertraute und Staatssekretär Peter Hintze sowie der hessische Ministerpräsident Roland Koch, der sich nach dem letzten bescheidenen Wahlergebnis in Hessen langfristig ebenfalls nach neuen Aufgaben umsehen muss. Eher aussichtslos dürfte dagegen der Ex-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz sein, auch wenn wirtschaftsnahe Kreise in der Partei ihn erst unlängst offen ins Spiel brachten.

Als möglicher Nachfolger für Schäuble im Innenministerium wird bereits der bisherige Kanzleramtschef Thomas de Maiziere gehandelt. Der ist bisher zwar ebenfalls wenig aufgefallen. Das dürfte allerdings auch mit seinem Amt zu tun haben, das ihn schließlich eher zur Arbeit im Verborgenen verpflichtet.

Die Führung des Kanzleramtes wiederum könnte dem Spiegel zufolge künftig der bisherige parlamentarische Geschäftsführer Norbert Röttgen übernehmen. Dieses Gerücht hat einiges für sich: Auch Röttgen ist ein enger Vertrauter Merkels. Hinzukommt, dass er sich seit Beginn der Wirtschaftskrise verstärkt als Wirtschaftspolitiker profiliert hat, aber wohl kaum Chancen hätte, das Wirtschaftsministerium zu leiten. Denn dieses wird bekanntlich derzeit vom jungen und gar nicht amtsmüden Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geführt, der es in kürzester Zeit geschafft hat, auf Platz zwei auf der Liste der beliebtesten Politiker des Landes aufzusteigen.

Dass er auch in der Union gut ankommt, wurde auf deren Wahlkongress am vergangenen Montag deutlich. Dort erhielt er von allen Spitzenpolitikern, die sich auf mehreren Foren präsentierten, den meisten Applaus. Zwar wäre zu Guttenberg vermutlich noch lieber Außen- als Wirtschaftsminister - auf diesem Gebiet hatte er sich als Abgeordneter besonders profiliert - doch so lange die Union keine absolute Mehrheit erlangt, dürfte daraus wohl nichts werden. Das Amt des Außenministers übernimmt traditionell der kleinere Koalitionspartner.

Und noch zwei Posten sind angeblich bereits vergeben: Arbeitsminister solle der bisherige Generalsekretär Ronald Pofalla werden, der in letzter Zeit auch innerparteilich viel Kritik einstecken musste. Voraussetzung wäre aber wohl, dass es nicht zu einer Neuauflage der Großen Koalition kommt. Ansonsten würden die Sozialdemokraten sicher auf dieses Ministerium bestehen.

Als Umweltministerin ist Tanja Gönner im Gespräch, die dieses Amt bislang in Baden-Württemberg ausübt. Sie wird zu Merkels "Girls-Camp" gezählt, einer Runde von weiblichen Vertrauten, die der Kanzlerin wichtige Informationen aus den Ländern zuspielen.

Auf die Aufstellung eines offiziellen Kompetenzteams will die Union diesmal im Gegensatz zu dem Wahlkampf 2005 allerdings verzichten. Dies hat natürlich vor allem den Grund, noch amtierende Minister nicht durch die Benennung von Nachfolgern zu desavouieren. Gleichwohl dürften in den nächsten Wochen noch weitere Namen die Runde machen.

ZEIT ONLINE, ks, dpa

Katharina Schuler

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false