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Palästinenserpräsident Abbas und der palästinensische Ministerpräsident Fajad.

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Update

Nach Dissens mit Abbas: Palästinensischer Regierungschef Fajad reicht Rücktritt ein

Im März war ein starker Dissens zwischen Abbas und dem palästinensischen Ministerpräsident Fajad bekannt geworden, als der Regierungschef den Rücktritt seines Finanzministers Nabil Kassis annahm und sich der Präsident dagegen aussprach. Nun hat Fajad seinen Rücktritt eingereicht.

Mit dem Rücktritt des palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad geht dem Westen ein wichtiger Gesprächspartner verloren. Dort galt Fajad, der am Samstag nach monatelangen Spannungen mit Präsident Mahmud Abbas sein Amt aufgegeben hatte, als einziger Garant für eine pragmatische, zielgerichtete und saubere palästinensische Politik. Gerade erst hatte ihn US-Präsident Barack Obama gemeinsam mit Abbas als einen „verlässlichen Partner“ für die USA und für Israel bezeichnet. Noch während seiner ersten Amtszeit hatte Obama den bisherigen palästinensischen Ministerpräsidenten geschnitten. Fajad soll nach Angaben der amtlichen palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt bleiben.

Fajad ist wohl der einzige Regierungschef einer Demokratie, der nie in sein Amt gewählt wurde, dafür aber ein halbes Dutzend Mal zurücktrat. Eine Wahl oder Bestätigung konnte nie stattfinden, weil das Parlament, der Legislativrat PLC, wegen der Spannungen zwischen den Palästinenserorganisationen Fatah und Hamas nach der Spaltung zwischen Westjordanland und Gazastreifen nie mehr zusammentrat. Die parlamentarische Mehrheit liegt bei der Hamas, doch hatte seinerzeit Präsident Abbas deren Ministerpräsidenten Ismail Hanija abgesetzt. Seit der Absetzung führt Hanija die De-facto-Regierung der Hamas im Gazastreifen an. Am Wochenende nahm Abbas das Rücktrittsgesuch Fajads an. In der Vergangenheit waren die Rücktrittsgesuche des Ministerpräsidenten entweder von Abbas abgelehnt worden oder nach einer neuerlichen Berufung zum Regierungschef hinfällig geworden. Fajad führte seit 2007 palästinensische Regierungen an. Seine politische Erfahrung gründet sich zudem auf seine Tätigkeit als international hochgelobter Finanz- und Außenminister. Allerdings leitet Präsident Abbas sämtliche wichtigen Gremien und hat das eigentliche Sagen.

Fajad und Abbas lagen häufig über Kreuz: Während Fajad auf praktische Schritte und die Wirtschaft als Motor zur Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit setzte, nutzte Abbas seinen Einfluss in der Diplomatie. So verfolgte der Präsident einseitige politische Schritte wie die Anerkennung Palästinas durch die Vereinten Nationen als Nichtmitgliedstaat im letzten Herbst. Abbas steht zudem in seiner Fatah-Bewegung unter Druck, weil Fajad im Rahmen seiner recht erfolgreichen Anti-Korruptionskampagne einigen Fatah-Prominenten auf die Füße getreten ist. Zudem ist Fajad nicht Mitglied der Fatah-Bewegung, sondern gehört der von ihm gegründeten Kleinpartei „Dritter Weg“ an.

Schon seit einiger Zeit war in Ramallah von einem bevorstehenden Rücktritt Fajads gemunkelt worden. Noch in der vergangenen Woche war US-Außenminister John Kerry demonstrativ mit Fajad zusammengetroffen, um dem palästinensischen Premier den Rücken zu stärken. Schließlich hatten es Obama und Kerry nur Fajad zugetraut, die versprochene Finanzhilfe in Höhe von Hunderten Millionen Dollar so zu verwenden, dass sie nicht in dunklen Kanälen versickert. Doch der demonstrative Schulterschluss half nichts – am Ende ließ sich Fajad angesichts der Differenzen mit Präsident Abbas nicht mehr von seinen Rücktrittsabsichten abbringen.

Im März war ein starker Dissens zwischen Abbas und Fajad bekannt geworden, als der Regierungschef den Rücktritt seines Finanzministers Nabil Kassis annahm und sich der Präsident dagegen aussprach. Vor einer Woche hatte der Revolutionsrat von Abbas' Fatah-Partei erstmals öffentlich die Amtsführung Fajads kritisiert. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Autonomiebehörde wirke „in vielen Bereichen improvisiert und konfus“, hieß es in einer Erklärung des obersten Fatah-Organs. (mit AFP)

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