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In dieser Unterkunft in Köln-Porz wurde junge Flüchtling festgenommen.

© dpa/Henning Kaiser

Update

Nach Festnahme in Köln: Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen gegen jungen Syrer nicht

Die Ermittlungen gegen den festgenommenen Flüchtling, der seine Bereitschaft zu einem Sprengstoffattentat geäußert haben soll, führen weiter die Behörden in Köln

Nach der Verhaftung eines syrischen Kriegsflüchtlings wegen eines möglichen geplanten Sprengstoffanschlags übernimmt die Bundesanwaltschaft die weiteren Ermittlungen zunächst nicht. „Die bisherigen Erkenntnisse haben keinen Anfangsverdacht einer in unsere Zuständigkeit fallende Straftat ergeben“, sagte ein Sprecher in Karlsruhe am Donnerstag. Die Bundesanwaltschaft verfolge das Verfahren gegen den 16-Jährigen aber und habe Kontakt zu den Kölner Ermittlern. Derzeit lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, dass der Tatverdächtige Mitglied oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung sei.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof übernimmt das Amt des Staatsanwalts bei Straftaten, die sich in schwerwiegender Weise gegen die innere Sicherheit in Deutschland richten.

Die Kölner Polizei geht davon aus, dass der junge Flüchtling aus Syrien einen Sprengstoffanschlag geplant hat. Der 16-Jährige habe in Internet-Chats seine „unmissverständliche Bereitschaft“ geäußert, einen solchen Anschlag zu begehen, sagte Klaus-Stephan Becker, Direktionsleiter Kriminalität bei der Kölner Polizei, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Von einem Chatpartner im Ausland habe er „ganz konkrete Anweisungen“ zum Bau einer Bombe erhalten.

Eine Richterin erließ am Mittwochabend Haftbefehl wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Der 16-Jährige komme in Untersuchungshaft, sagte ein Polizeisprecher. Es gibt allerdings bisher keine Hinweise darauf, dass er sich bereits mit Materialien für den Bombenbau versorgt hatte. Ein konkretes Anschlagsziel sei auch nicht bekannt, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies. Die Tat stand also keineswegs unmittelbar bevor.

Keine Hinweise auf Kontakte zu Islamistenszene in Deutschland

Der junge Flüchtling stand nach Angaben der Polizei in intensivem Kontakt zu einem im Ausland lebenden Chatpartner mit IS-Bezügen. Zur islamistischen Szene in Deutschland hatte er dagegen nach derzeitigen Erkenntnissen keinen Kontakt. Der entscheidende Hinweis auf den 16-Jährigen kam aus Kreisen der Ditib-Moschee im Kölner Stadtteil Porz.

Der Chatpartner soll den jungen Syrer mit Anleitungen zum Bau von Sprengvorrichtungen versorgt haben. Die beiden hätten sich auch darüber ausgetauscht, wo sie platziert werden sollten, um eine besonders große Wirkung zu erzielen.

„Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind wachsam und greifen eher früher zu als zu spät“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Rande der Klausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz. „Das ist die gemeinsame Linie und so ist es auch hier erfolgt und wird auch in Zukunft so erfolgen.“

Der Jugendliche war gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester vor dem Krieg in Syrien geflohen und am 4. Januar 2015 in Dülmen im Münsterland erfasst worden. Die Familie kam dann in eine Flüchtlingsunterkunft in Köln.

Polizei spricht von "Turbo-Radikalisierung"

Dort wurde der 16-Jährige im Juni dieses Jahres erstmals von der Polizei überprüft, weil er sich auffällig verändert haben sollte. Es seien damals aber nur wenige Bilder mit Bezug zum IS auf seinem Handy entdeckt worden, sagte Mathies. Am 2. September folgte die nächste Überprüfung, und nach einem weiteren Hinweis wurde der Jugendliche an diesem Dienstag in einer als Flüchtlingsunterkunft genutzten Turnhalle von einem Polizei-SEK festgenommen.

Diesmal fanden die Ermittler Belege für eine viel weitergehende Radikalisierung. Becker sprach in diesem Zusammenhang von einer „Turbo-Radikalisierung“. Mathies sagte: „Hier hat sich ein Verhalten innerhalb von drei Monaten ganz deutlich verändert.“ Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl beantragt.

Die Ermittlungen stünden erst am Anfang, betonten Polizei und Staatsanwaltschaft. Es gehe jetzt unter anderem darum, die Hintermänner zu identifizieren. Bisher habe man nur einen Chatpartner festgestellt. Eine Zuständigkeit des Generalbundesanwalts wird geprüft.
Vor gut einer Woche hatte die Polizei in Norddeutschland drei Anhänger der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) festgenommen. Sie waren als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland eingereist. (dpa)

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