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Politik: Nach fünf Jahren Verhandlung wurde die erste Verbindung zwischen den Autonomiegebieten in Betrieb genommen - Großer Andrang

Mit einer schlichten Zeremonie und jahrelanger Verspätung ist die südliche Straßenverbindung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland in Betrieb genommen worden. Der 44 Kilometer lange Korridor verbindet die beiden Teile des palästinensischen Autonomiegebiets miteinander und führt über israelisches Territorium.

Mit einer schlichten Zeremonie und jahrelanger Verspätung ist die südliche Straßenverbindung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland in Betrieb genommen worden. Der 44 Kilometer lange Korridor verbindet die beiden Teile des palästinensischen Autonomiegebiets miteinander und führt über israelisches Territorium. Bisland wurden nach Angaben der israelischen Militärbehörden 2000 Transitkarten ausgestellt, zumeist an junge Palästinenser, die größtenteils erstmals im Leben den Gaza-Streifen verlassen dürfen.

Fünf Jahre verhandelten Israelis und Palästinenser über die "Sichere Passage", wobei vor allem die Netanyahu-Regierung auch bei diesem Thema die Palästinenser hinhielt. Streitpunkt war das israelische Beharren auf umfassenden Überprüfungen der Reisenden, die die Palästinenser ablehnten. Etwas mehr als hundert Tage nach Amtsantritt Ehud Baraks ist die südliche Route zwischen Gaza und Tarkumiya bei Hebron nun gemäß dem Abkommen von Sharm el-Sheikh - wenn auch mit zusätzlicher dreiwöchigeer Verspätung - eingeweiht worden. Die nördliche Route zwischen Gaza und Ramallah soll in Kürze eröffnet werden.

An der Zeremonie beim Übergang Erez nahmen der palästinensische Minister für Zivile Angelegenheiten, Jamil Tarifi, und der Generaldirektor des israelischen Ministeriums für Innere Sicherheit, Arie Shifman, teil. Während die Palästinenser sich äußerst diszipliniert verhielten, waren die israelischen Soldaten auffällig um Lockerheit bemüht.

Rund 600 Gazastreifen-Bewohner reisten als erste in Autobussen - nur ganz wenige Privatwagen waren auszumachen - auf der Strecke am Nordrand der Negevwüste, die sie nicht verlassen dürfen und auch in einer "vernünftigen" Zeitspanne zu absolvieren haben, andernfalls die israelische Polizei die Suche nach ihnen aufnimmt. Bis zu Beginn der Intifada Ende 1987 konnten sich die Palästinenser zwischen den damals besetzten Gebieten fast frei bewegen, seither war dies für gewöhnliche Bürger kaum mehr möglich. Derzeit besitzen über 130 000 Palästinenser Einreisebewilligungen für Israel, darunter 31 Geschäftsleute und 60000 Arbeiter, mit denen sie auch die "Sichere Passage" benützen können. Israel lehnte bisher 81 Anträge für Transitkarten ab, weil sie von polizeilich gesuchten oder als Sicherheitsrisiko eingestuften Personen gestellt wurden.

Auffallend am ersten Tag war die Tatsache, dass es sich bei fast 90 Prozent der Passagiere um jüngere Leute bis zum Alter von 35 Jahren handelt, für die die legale Einreise nach Israel fast unmöglich ist. Die meisten wollte nach Ramallah, der reichsten Westbankstadt, reisen. Doch hinter vorgehaltener Hand gestanden sie ein, dass sie versuchen werden, von der Westbank aus in Israel einzusickern, um dort Arbeit zu finden. Während nämlich der Gazastreifen durch einen hohen Zaun und andere Grenzsicherungsvorrichtungen von Israel abgetrennt ist, lässt sich die ungeschützte Trennlinie zwischen Westbank und Israel auf zahllosen Schleichwegen mühelos überwinden.

Während das Sharm el-Sheikh-Abkommen in Bezug auf die "Sichere Passage" endlich umgesetzt wird, ergeben sich bei einem anderen Punkt unerwartete Schwierigkeiten. Die Palästinenser planen nämlich die Verlegung des Meerhafens bei Gaza-City in die Nähe der südlicher gelegenen Stadt Khan Younis. Damit würde die israelische Siedlungsgürtel Gusch Katif fast abgeriegelt. Israelische Sicherheitskreise drohten mit dem Abbruch der Verhandlungen über den Hafenbau.

Charles Landsmann

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