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Eine tickende Schuldenuhr, aufgenommen am 30. August 2012 auf dem Parteitag der US-Republikaner in Tampa, Florida.

© dpa

Nach Haushaltskompromiss: Die Republikaner sinnen auf Rache

Die US-Bürger sind sauer: Wieder einmal waren die Volksvertreter nicht in der Lage, ihre Arbeit fristgerecht zu beenden. Der Inhalt des Kompromisses ist eine Enttäuschung. Und der Konflikt um die Fiskal-Klippe war nur ein Vorgeschmack auf eine noch härtere Auseinandersetzung.

Als die USA nach einer langen Silvesternacht am Neujahrsmorgen aufwachten, wussten viele Bürger nicht so recht, ob sie sich freuen oder ärgern sollten. Am Ende haben die politischen Lager trotz ihres erbitterten ideologischen Streits einen Kompromiss gefunden. Der Senat hat ihn auch sogleich beschlossen, anstatt die Jahreswende zu feiern – um zwei Uhr früh. Das wirkte ausnahmsweise einmal selbstlos. Am Dienstagabend (ortszeit in den USA) stimmte zudem das Repräsentantenhaus für den Kompromiss. Die Gefahr einer Rezession, vor der so viele seit Wochen gewarnt hatten, ist zunächst einmal abgewendet. Darüber sind die meisten erleichtert.

Aber die Art, wie der Kongress in den letzten Jahren mit dieser Art von Konflikten umgegangen ist, löst Kopfschütteln aus. Wieder einmal waren die Volksvertreter nicht in der Lage, ihre Arbeit fristgerecht zu beenden. Formal betrachtet, ist die Volkswirtschaft von der Fiskalklippe herabgestürzt. Die Rettung kam zu spät. Die USA haben das Glück, dass das Versäumnis diesmal nicht so unmittelbare destruktive Folgen hat wie die Weigerung, im Sommer 2011 rechtzeitig die Schuldenobergrenze zu erhöhen. Damals mussten Staatsbedienstete zu Hause bleiben, und die Kreditwürdigkeit wurde herabgestuft. Die Steuererhöhungen und Einsparungen, die jetzt anstanden, wären erst im Laufe mehrerer Wochen spürbar geworden. Es macht keinen großen Unterschied, ob der Kongress sie vor dem Jahresende oder in den ersten Tagen des neuen Jahres zurücknimmt.

Zweitens ist der Inhalt des Kompromisses eine Enttäuschung. Die Lager können sich mit Ach und Krach auf das Einfachste einigen, nicht aber auf das Notwendige. Sie nehmen das, was den Bürgern und der Wirtschaft wehtut, zum Großteil zurück, obwohl die Maßnahmen dringend nötig wären, damit die Schulden nicht unverantwortlich weitersteigen. Aber sie beschließen keine alternativen Schritte, die den Willen zur Sanierung des Budgets glaubhaft machen. Der Staat muss deutlich mehr einnehmen und deutlich weniger ausgeben. Nun passiert weder das eine noch das andere.

Drittens hat der Konflikt abermals gezeigt, dass die Meinungsunterschiede zwischen den Parteien von vielen inzwischen als offene Feindschaft wahrgenommen und ohne Rücksicht auf die nationalen Interessen ausgetragen werden. Die Bereitschaft zum Interessenausgleich ist erschreckend gering.

Machtpolitisch verhalten sich die Abgeordneten und Senatoren, die sich den nötigen Kompromissen verweigern, nur logisch. Es sind vor allem Republikaner aus verlässlich konservativen Wahlkreisen. Sie müssen nicht befürchten, dass ein Demokrat sie dort je besiegen kann, sondern nur, dass ein noch weiter rechts stehender Republikaner sie bei der nächsten Kandidatenaufstellung herausfordert. Deshalb ist zu befürchten, dass der Konflikt um das Fiskalkliff nur ein Vorgeschmack auf eine noch härtere Auseinandersetzung in wenigen Wochen war. Die Schuldenobergrenze muss sehr rasch erhöht werden, weil Amerika nach wie vor viel mehr Geld ausgibt, als es an Steuern einnimmt. Der Staat muss also laufend neue Kredite aufnehmen. Und der Kongress muss diese Anhebung der Schuldenobergrenze beschließen. Das geht nur mit den Republikanern. Doch die sind nun so empört darüber, dass der Präsident sie gezwungen hat, zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten einer Steuererhöhung zuzustimmen, obwohl viele geschworen hatten, das niemals zu tun, dass sie auf Rache sinnen.

Bei der Erhöhung der Schuldenobergrenze wird nun der Kongress am längeren Hebel sitzen. Die Republikaner werden erneut versuchen, ihr ideologisches Gegenkonzept zu erzwingen: Steuersenkungen, um die Wirtschaft anzukurbeln, und drastische Einsparungen außer beim Militär. Barack Obama und die Demokraten werden viele Zugeständnisse machen müssen, die sie jetzt noch vermeiden konnten, vor allem Kürzungen in den sozialen Sicherungssystemen.

Bei einer psychologisch so verfahrenen Lage wird es schwer, den Haushalt auf vernünftige Weise zu sanieren. Die USA stehen vor einem ziemlich ruppigen Start in Obamas zweite Amtszeit.

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